| # taz.de -- Erika Steinbach irrlichtert auf Twitter: Schon Goebbels sagte ... | |
| > Erika Steinbach twitterte, die NSDAP sei eine linke Partei gewesen. Die | |
| > Union kann vom Irrwitz nicht lassen. Ignorieren? Ernst nehmen? | |
| Bild: Die NAZIS waren eine linke Partei. Schon vergessen? | |
| 2003 schloss die Union den Abgeordneten Martin Hohmann aus, der allerlei | |
| relativierende Ansichten über die NS-Zeit verbreitet hatte. Das war, dachte | |
| man damals, eine längst überfällige Grenzziehung. Die Konservativen hatten | |
| sich jahrzehntelang für Notfälle die Tür nach ganz rechts immer offen | |
| gehalten. Unter Angela Merkel schien es vorbei zu sein. Das war leider ein | |
| vorschnelles Urteil. | |
| Erika Steinbach, in der Unionsfraktion zuständig für Menschenrechte, | |
| verbreitet per Twitter Geschichtslektionen, die sehr streng nach der alten, | |
| muffigen Union riechen. "Die Nazis waren eine linke Partei", schreibt sie. | |
| Außerdem war die "SPD nicht frei von NSDAP-Mitgliedern". Was ja nur logisch | |
| ist: Wenn die Nazis eigentlich Linke waren, kein Wunder, dass sie sich zur | |
| SPD hingezogen fühlten. | |
| Steinbachs Begriffsverwirrung ist erhaben über historische Fakten. Dass die | |
| Nazis 1933 als Erstes die politische Linke, Sozialdemokraten und | |
| Kommunisten, massakrierten, ist ein überbewertetes Detail. | |
| Dass Hitler nur mit der freundlichen Unterstützung der konservativen Eliten | |
| aus Militär, Banken und Konzernen an die Macht kam, dass die Nazis einen | |
| Vernichtungskrieg gegen den Bolschewismus führten - all das sind nur | |
| Marginalien, die den Blick für das Wesentliche trüben: Nazis gleich links. | |
| Steinbach könnte für ihre These auch einen kompetenten Kronzeugen aufrufen. | |
| "Die NSDAP verkörpert die deutsche Linke", sagte 1931 jemand, der es wissen | |
| muss: Joseph Goebbels. | |
| ## Rhetorische Nebelkerzen | |
| Die Umdeutung der NSDAP zur linken Kaderorganisation passt zu Steinbachs | |
| Neigung, mit rhetorischen Nebelkerzen die Konturen von Tätern und Opfern zu | |
| verwischen. Vor eineinhalb Jahren verblüffte die Chefin des | |
| Vertriebenenverbandes die Unionsfraktion mit der These, dass die Polen | |
| schon im Frühjahr 1939 gegen Deutschland aufgerüstet hätten. Kein Wunder, | |
| dass die linken Nazis in Polen einmarschieren mussten. | |
| Fragt sich: Soll man Steinbachs Ausflüge ins Reich des | |
| Geschichtsrevisionismus ernst nehmen? Oder besser höflich schweigend | |
| übergehen? | |
| Letzteres wäre eleganter - aber es spricht wenig dafür, dass Steinbach nur | |
| ein Auslaufmodell ist. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt möchte gerne | |
| die Linkspartei verbieten. Auch das könnte man unter jenem | |
| Polit-Hooliganism verbuchen, zu dem Generalsekretäre greifen, die dringend | |
| mal wieder ins Fernsehen müssen. Aber es geht um mehr. CSU-Innenminister | |
| Friedrich will die absurde Beobachtung von Linkspartei-Parlamentariern wie | |
| Petra Pau und Gregor Gysi durch den Verfassungsschutz noch ausweiten. | |
| ## Das Konservative ist ausgebleicht | |
| Offenkundig ist der Bedarf nach Feinden und historischer Umdeutung in der | |
| Union noch immer groß. Die Partei hat unter Merkel eine Menge ideologische | |
| Ruinen geräumt. Sie hat sich von der Hauptschule und der Atomkraft | |
| verabschiedet und ist für den Mindestlohn und die Finanztransaktionssteuer. | |
| Sie ist offener geworden. | |
| Steinbach und Dobrindt zeigen grell, dass die Modernisierung und | |
| Entrümpelung der Union eine vertrackte Sache ist. Gerade weil das | |
| Konservative ausgebleicht ist, klebt die Partei an alten Feindbildern. Weil | |
| sie sich sonst selbst nicht mehr erkennt. Keine gute Nachricht für die | |
| politische Kultur. | |
| 2 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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