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# taz.de -- Umstrittenes Kulturjahr 2012: Chinesische Kultur mit Softpower
> Mit über 500 Events will sich die Volksrepublik China 2012 in Deutschland
> vorstellen. Kritiker befürchten eine große Propagandaschau und
> protestieren.
Bild: Aktivisten der Gesellschaft für bedrohte Völker protestieren gemeinsam …
PEKING taz | Chinesische Dirigenten beim Schleswig-Holstein Musik Festival,
Gaukler im Bambus-Teehaus in Leipzig und eine Architekturausstellung in
Kassel. Das sind einige der Höhepunkte des offiziellen chinesischen
Kulturjahrs 2012, das am Dienstag in Berlin mit einem Konzert der Pekinger
Philharmoniker begonnen hat.
Rund 1.500 Künstler aus der Volksrepublik werden sich 2012 bundesweit
präsentieren. Sie sollen den Deutschen die Gelegenheit geben, Chinas Kultur
zu erleben, "modern und aktuell", wie die Organisatoren erklären.
"Über 500 Veranstaltungen" kündigte der chinesische Botschafter in Berlin,
Wu Hongbo, an. Sie stehen unter dem Motto: "Chinah" – eine Kombination aus
"China" und "nah". Schirmherren sind Chinas Staats- und Parteichef Hu
Jintao und Bundespräsident Christian Wulff. Sie wird teilweise vom Pekinger
Kulturministerium bezahlt.
## Ai Weiwei ist nicht dabei
Deshalb wurde schon jetzt Kritik laut. "Kultur braucht Freiheit!", riefen
Angehörige von Amnesty International und Tibetaktivisten bei einer
Demonstration in Berlin. Das Kulturjahr dürfe keine Propagandaveranstaltung
sein, "hinter deren Fassade ungerührt die Freiheit der Kultur und die freie
Meinungsäußerung unterdrückt werden", wie bei Liu Xiaobo, der zu 11 Jahren
Gefängnis verurteilt wurde, oder beim inhaftierten tibetischen Dokfilmer
Dhondup Wangchen.
Nicht dabei sein wird wohl auch der Pekinger Künstler und Regimekritiker Ai
Weiwei. Der Direktor der Pekinger Kunstmuseums, Fan Dian, verteidigt dies:
Ai Weiwei sei ohnehin in Deutschland bekannt. Nun versuche man, "anderen
Künstlern eine Chance" zu geben.
Michael Kahn-Ackermann, früher Leiter des Goethe-Instituts in Peking und
nun Berater des chinesischen Kulturministeriums, setzt auf einen "Dialog".
Er wünsche sich, dass "die Leute erst einmal richtig zuhören und zugucken,
bevor sie ihre festen Meinungen äußern", sagt er. Es wäre falsch, "jeden
chinesischen Künstler mit der Frage nach seiner politischen Gesinnung zu
belasten - und ob er bereit ist, für Ai Weiwei zu sterben".
Doch wie unpolitisch kann eine offiziell organisierte Begegnung in einer
Zeit sein, in der KP-Chef Hu Jintao die Kultur als wichtiges Instrument zum
Machterhalt der Partei und "kulturelle Softpower" als "wichtige Strategie
bei der Durchsetzung von nationalen Kerninteressen" bezeichnet?
## Reine Geldverschwendung
Millionen hat Peking in der ganzen Welt bereits in Konfuzius-Institute und
chinesische TV-Sender investiert, um das Bild Chinas im Ausland positiv zu
prägen. Doch Fachleute und Künstler halten dies für völlig sinnlos, solange
die Regierung zugleich versucht, durch Zensur und Einschüchterung heikle
Themen zu unterdrücken.
Abseits der hohen Politik arbeiten Deutsche und Chinesen schon seit Jahren
miteinander. Hunderte Künstler beider Länder erleben den Alltag des jeweils
anderen Staates. In deutschen Galerien hängen Gemälde zeitgenössischer
chinesischer Maler, Tänzer hospitieren in den Balletten, Studenten besuchen
Meisterklassen.
Der Pekinger Bildhauer Wang Shugang, der zehn Jahre in Deutschland gelebt
hat, hält wenig vom "Chinesischen Kulturjahr 2012": Das sei "reine
Geldverschwendung", so der 51-Jährige. "Wer in Deutschland etwas über die
Kultur Chinas wissen will", sagt er, "kann sich auch so informieren. Dafür
brauchen wir keine von oben organisierten Veranstaltungen."
2 Feb 2012
## AUTOREN
Jutta Lietsch
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