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# taz.de -- Gefahr für die Umwelt: Gasförderung nicht ganz dicht
> Krebs erregendes Benzol durchdringt Abwasserleitungen. Netz im Landkreis
> Verden stillgelegt. Rohrnetz in ganz Niedersachsen wird überprüft.
Bild: Energiequelle angezapft: Bohranlage T-160 in Völkersen (Kreis Verden).
HAMBURG taz | Die Erdgasförderung in Niedersachsen ist offenbar mit einer
unangenehmen Nebenwirkung verbunden. Schon zum zweiten Mal ist Benzol im
Erdreich neben der Abwasserleitung einer Förderstätte gefunden worden. Das
niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)
vermutet, dass die Plastik-Rohre, durch die das Abwasser fließt,
benzoldurchlässig sind. Derzeit wird entlang des gesamten Leitungsnetzes in
Niedersachsen nach Benzol gespürt.
Benzol gilt als stark Krebs erregend. Dass es im Abwasser auftaucht, hat
nichts mit der umstrittenen Fördertechnik des Fracking zu tun, wie
verschiedene Stellen versichern. Vielmehr gelangt es mit dem sogenannten
Lagerstättenwasser an die Erdoberfläche. Wie Derek Mösche, ein Sprecher des
Energiekonzerns RWE-Dea, sagt, steht in den Erdgaslagerstätten in mehreren
tausend Metern Tiefe stark salzhaltiges Wasser. Wegen des hohen Drucks und
der hohen Temperaturen, löst sich das Benzol aus dem Gas im Wasser.
Bei der Gasförderung wird es mit dem Wasser nach oben gepumpt und dort
technisch abgeschieden. Ein Rest von einem halben Gramm pro Liter bleibt
jedoch im Lagerstättenwasser. Es wird mit diesem zu einem Bohrloch an einem
anderen Ort gepumpt, wo 99 Prozent des verbliebenen Benzols entfernt
werden. Dann wird es wieder unter die Erde gedrückt.
In Völkersen im Landkreis Verden, wo zuletzt Benzol im Erdreich entdeckt
worden ist, führt eine 22 Kilometer lange Leitung von der Förderstätte zu
dem Loch, in dem das Förderabwasser wieder tief unter die Erde gepresst
wird. Nach der zweiten Behandlung ähnele es "in seiner Zusammensetzung dem
stark salzhaltigen Wasser, das auch ursprünglich in den dort liegenden
Gesteinsschichten vorhanden ist", behauptet RWE-Dea.
Eine Gefahrenquelle scheint jedoch die Pipeline zu dem Bohrloch zu sein.
"Es besteht die begründete Vermutung, das einige Bestandteile des
Lagerstättenwassers bestimmte Rohrwerkstoffe in kleinsten Mengen
durchdringen können, ohne dass die mechanische Dichtheit der Rohrleitung
verloren geht", schreibt das LBEG. Alle Erdöl- und Erdgasförderbetriebe in
Niedersachsen müssten daher ihre Kunststoffleitungen überprüfen.
RWE-Dea hat bei einer solchen Prüfung bei Völkersen Benzol im Erdreich
entdeckt. Der Konzern entleerte die 22-Kilometer-Leitung und lässt jetzt
entlang der gesamten Strecke die Benzol-Gehalte messen: nicht nur im Wasser
und im Boden, sondern auch in der bodennahen Luft und in Pflanzen. "Erste
Messungen an der Oberfläche belegen, dass keine Gefahr für Pflanzen, Tiere
und Menschen besteht", sagt RWE-Dea-Sprecher Mösche.
Dass der Fehler bei den Plastikrohren liege, sei "noch nicht komplett
klar", sagt Mösche. Ob und wie saniert werde, müsse noch entschieden
werden. Der Konzern hat allerdings bereits eine Grundwasserabsenkung von
insgesamt mehr als 90.000 Kubikmetern beantragt "im Rahmen von
Sanierungsarbeiten des Lagerstätten-Rohrleitungsnetzes Völkersen".
Aufgefallen war eine hohe Benzolkonzentration an
Lagerstättenwasserleitungen bereits vor einigen Jahren in Söhlingen im
Landkreis Rotenburg. "Da musste ein ganzer Acker ausgetauscht werden", sagt
Manfred Radtke vom Umweltverband BUND in Rotenburg. Der Konzern
Exxon-Mobil, der hier Erdgas fördere, müsse sein Lagerstättenwasser wieder
wie früher in Lastwagen zum Entsorgungsbohrloch fahren. Viele Menschen in
Söhlingen machten sich Sorgen: Wenn schon eine normale Erdgasförderung
diese Konsequenzen habe, womit sei dann erst beim Fracking zu rechnen,
fragten sie sich.
2 Feb 2012
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Niedersachsen
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