# taz.de -- Diplomatie nach dem UN-Veto: Russlands Außenminister trifft Assad | |
> Syriens Präsident Assad lässt seine Truppen weiter gegen die Opposition | |
> vorgehen. Derweil startet das für sein Veto im Sicherheitsrat kritisierte | |
> Russland eine diplomatische Offensive. | |
Bild: Spuren des Bürgerkrieges: Ausgebrannter Panzer der Armee in Homs. | |
MOSKAU/DAMASKUS/NEW YORK dpa | Nachdem Russlands Votum gegen eine | |
UN-Resolution weltweit kritisiert wurde, startet das Land nun eine | |
diplomatische Initiative in Syrien. Außenminister Sergej Lawrow reist am | |
Dienstag zu Gesprächen mit dem syrischen Präsdidenten Baschar al-Assad nach | |
Damaskus. | |
Derweil erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, er sei "entsetzt" von der | |
neuen Gewalt in dem arabischen Land. "Die fehlende Geschlossenheit im | |
Sicherheitsrat gibt den syrischen Behörden keinen Freibrief, um die | |
Angriffe auf das syrische Volk auszudehnen", sagte er am Montag in New | |
York. | |
Zuvor waren in der syrischen Protesthochburg Homs bei erneutem | |
Granatbeschuss durch Assads Truppen nach Informationen von | |
Oppositionsanhängern mindestens 52 Menschen ums Leben gekommen. | |
Keine Regierung könne ihr Volk attackieren, ohne ihre Legitimität zu | |
verlieren, sagte Ban. "Die Gewalt muss sofort aufhören", hieß es in seiner | |
bislang stärksten Erklärung zu den Unruhen in Syrien. Dort sind nach | |
Schätzungen der Opposition seit März 2011 etwa 6.000 Menschen ums Leben | |
gekommen. Ban erinnerte das Regime von Präsident Assad daran, "dass es nach | |
internationalem Menschenrecht für alle Straftaten seines | |
Sicherheitsapparates gegen Zivilisten verantwortlich gemacht werden kann". | |
Die USA und Großbritannien zogen ihre Botschafter aus Protest gegen die | |
schweren Angriffe der syrischen Regierungstruppen auf Regierungsgegner ab. | |
Auch die Bundesregierung erwägt eine Schließung ihrer Botschaft. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Assad mit deutlichen Worten zum | |
Rücktritt auf. | |
## Deutsche Botschaft schon "stark ausgedünnt" | |
Die deutsche Botschaft in Damaskus sei bereits "stark ausgedünnt", sagte | |
Außenminister Guido Westerwelle am Montagabend in Berlin. "Weitere Schritte | |
muss ich mir vorbehalten." Seit dem 1. Februar sei kein deutscher | |
Botschafter mehr in der syrischen Hauptstadt. | |
Westerwelle kritisierte erneut das russische Veto bei der Abstimmung über | |
die Syrien-Resolution. "Ich glaube, dass Russland sich auf die falsche | |
Seite der Geschichte gestellt hat", sagte er. | |
Lawrow wies die internationale Kritik am russischen Veto scharf zurück. Der | |
Weltsicherheitsrat habe übereilt über den Entwurf abgestimmt, sagte er. | |
Auch Peking, das ebenfalls sein Veto eingelegt hatte, wehrte sich gegen | |
Vorwürfe, das chinesische Vorgehen sei eine "Lizenz zum Töten" für das | |
Assad-Regime. | |
## Lawrow schweigt zu den Zielen seines Besuchs | |
"Russland ist in Zusammenarbeit mit anderen Staaten entschlossen, eine | |
Stabilisierung der Situation in Syrien zu erzielen, und zwar auf dem Weg | |
der schnellen Umsetzung dringender demokratischer Reformen", teilte das | |
Außenministerium in Moskau mit. Lawrow selbst wollte sich nicht zu den | |
Zielen seiner Mission äußern, bei der ihn der Chef des | |
Auslandsgeheimdiensts, Michail Fradkow, begleitet. | |
Der oppositionelle syrische Nationalrat erwartet kein positives Ergebnis | |
von der Reise. "Wir fürchten, dass das russische Veto die syrische Führung | |
zu weiteren Morden ermutigt", sagte ein Ratsmitglied der Agentur Interfax. | |
Russland habe sich gegen das syrische Volk gestellt. | |
In einem Telefonat mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil | |
al-Arabi, sprach sich Lawrow dafür aus, dass die Organisation ihre | |
Beobachtermission wieder aufnimmt. Außerdem müssten die Bemühungen | |
verstärkt werden, einen innersyrischen Dialog zu starten. Russland ist ein | |
wichtiger Partner und Waffenlieferant Syriens. | |
Die Türkei schloss einen militärischen Einsatz zum Schutz der Demonstranten | |
im Nachbarland Syrien aus. Ankara warnte Damaskus aber, das Scheitern der | |
Resolution im Weltsicherheitsrat als Freibrief zu betrachten. | |
7 Feb 2012 | |
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