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# taz.de -- Flughafen Schönefeld: Check für den Check-In
> Freiwillige testen den Betrieb am künftigen Großflughafen. Einige haben
> gegen Fluglärm demonstriert - finden es nun aber großartig, als erste
> einchecken zu dürfen.
Bild: Sie spielen mal Urlauber: Komparsen testen den neuen Flughafen
Österreich war nicht gerade das bevorzugte Reiseziel - zu kalt. Aber jetzt
bittet Christoph Aumüller, Leiter des Testbetriebs am neuen Schönefelder
Flughafen, seine Komparsen in breitem Dialekt: "Stellen's sich vor, Sie
würden ins schönste Land der Welt reisen: in meine Heimat, nach
Österreich." 250 Menschen mit grünen Helmen und Warnwesten sitzen vor ihm
in dem großen, weißen Zelt vor dem neuen Flughafen-Terminal. Ein paar tun
Aumüller den Gefallen und lachen. Alle wissen: Verreisen wird heute keiner
von ihnen, nach Österreich nicht und ins Warme auch nicht. Dies ist der
erste Tag des Probebetriebs am neuen Flughafen Berlin Brandenburg - und die
250 Komparsen simulieren dabei die Passagiere.
Sie sind die ersten von insgesamt 10.000 Freiwilligen, die bis Mai
Versuchskaninchen sein werden, beworben hatten sich 20.000. Während
Aumüller also erklärt, wer mit welchem Ticket wo Check-In und
Sicherheitskontrollen passieren darf, kommen an einem der vielen Biertische
Komparsen ins Gespräch: Eine Frau, die am Wannsee gegen Fluglärm
demonstriert hat, und ein älterer Herr aus Marzahn. Der sagt, er wisse gar
nicht, warum die Leute immer und überall gegen alles demonstrieren müssten.
Warum sie hier sind? "Ist doch spannend, sich einen völlig neuen Flughafen
anzusehen", sagt die Fluglärm-Demonstrantin.
Völlig neu ist dann wirklich alles im Terminal, von dem aus am 3. Juni die
ersten Maschinen starten sollen: Der Flughafen ist eine Baustelle. Fluchend
bugsiert ein Handwerker eine zehn Meter lange Aluminium-Stange durch die
Halle, Bodenplatten werden mit mit Estrich bestrichen. Nebenan laufen die
ersten Komparsen eine improvisierte Holztreppe zu den Check-In-Schaltern
hoch.
Dort nehmen sich alle Koffer von einem großen Stapel. "Auch nach München?",
fragt ein grün behelmter Komparse einen anderen, der Check-In dorthin
verläuft fast gänzlich glatt. Über einem Schalter hängt zwar noch ein Blatt
Papier, auf dem steht: "Vorsicht, diese Anlage steht unter Strom." Doch die
Airline-Mitarbeiterin darunter lächelt so unaufgeregt, als würde sie schon
seit Jahren hier sitzen. "Fenster oder Gang?", fragt sie Fluggast um
Fluggast. Routiniert ist sie geradezu: Schon seit November proben in
Schönefeld Airline-Mitarbeiter, Verantwortliche für die Flugplanung und
Bundespolizisten ihre Arbeitsabläufe - bisher nur ohne Fluggäste.
An der Sicherheitskontrolle bei der Bundespolizei gibt es den ersten
Zwischenfall: Ein Taschenmesser. Beim Blick auf seinen Bildschirm hat es
der Kontrolleur entdeckt, er hält das Förderband vor ihm an, darauf liegen
Handgepäcksstücke und Jacken. Der Kontrolleur greift in die Brusttasche
einer Jacke und angelt das winzige Taschenmesser heraus. "Bei Normalbetrieb
müsste das jetzt hierbleiben", sagt er streng zum Besitzer, einem älteren
Mann. Der bekommt das Messer zwar zurück, ist aber sichtlich überrascht -
der Vorfall ist nicht gestellt. "Hab ich nicht dran gedacht", sagt der Mann
kleinlaut.
Nächste Station: Boarding Gate. "Ich würde Ihnen jetzt gern einen
Boardingpass geben, leider funktioniert unser Drucker aber nicht", sagt die
Mitarbeiterin dort zu Komparse Rolf Mauersberger. Doch der ist auch so
zufrieden: "Es ist toll, zu den ersten zu gehören, die den Flughafen sehen
können." Und das, obwohl der 71-Jährige Schönefeld für den falschen
Standort hält. Er wohnt fünf Kilometer von hier entfernt, ebenfalls in
Bohnsdorf und seit 25 Jahren, zehn Meter hinter der Schallschutzgrenze.
"Sperenberg wäre ein viel besserer Standort gewesen." Ob er trotzdem vom
neuen Großflughafen aus abfliegen wird? "Na klar."
7 Feb 2012
## AUTOREN
Sebastian Puschner
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## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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