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# taz.de -- Neuer Eklat um Fußballer Luis Suárez: Kein Handschlag, kein Ansta…
> Luis Suárez befeuert mit einem verweigerten Handschlag für Patrice Evra
> die Rassismus-Diskussion in der Premier League. Verloren hat Liverpool
> auch noch.
Bild: Begabt aber unbelehrbar: Luis Suarez (links) wollte Gegenspieler Patrice …
Ein Spiel, das Mindestmaß an Anstand, das Gefühl für Unrecht und die Chance
für einen Neuanfang: am Samstagnachmittag war beim Duell von Manchester
United und den Gästen vom FC Liverpool in Old Trafford so viel verloren
gegangen, dass die mitunter besorgniserregendste Verlustmeldung nur noch am
Rande registriert wurde.
Der um Deeskalation bemühten Polizei von Manchester war der gesunde Sinn
für schwarzen Humor abhanden gekommen, als sie die komplette Ausgabe eines
United-Fanmagazins vor dem Stadion konfiszierte.
Die Red Issue hatte eine Ku-Klux-Klan-Kapuze mit der Aufschrift "LFC" und
"Suárez ist unschuldig" zum Ausschneiden abgedruckt; ein bitterböser
Kommentar zu Liverpools trotzigen Unschuldsbekundungen seit dem
Urteilsspruch gegen Luis Suárez vom FC Liverpool wegen der rassistischen
Beleidigung von Patrice Evra (Manchester United) im Dezember.
Die restriktiven Maßnahmen werden Bürgerrechtler noch ein paar Wochen
beschäftigen, als Mittel zur Entspannung waren sie aber schon hinfällig,
bevor der erste Ball rollte. Suárez verweigerte Evra überraschend den
obligatorischen Handschlag. Der Franzose griff den Liverpooler Stürmer
verärgert am Arm, United-Verteidiger Rio Ferdinand ("In dem Moment habe ich
allen Respekt für den Typen verloren") ignorierte darauf seinerseits die
ausgestreckte Hand des Uruguayers.
Prompt war die Luft im Nordwest-Derby dicker als auf einer
Autobahnraststätten-Toilette und das Spiel erstickte in der verpesteten
Atmosphäre; Suárez beschwerte sich bitterlich über eine gerade noch faire
Grätsche von Ferdinand und schoss später den Ball frustriert gegen die
Werbebande. Auf dem Weg in die Kabinen zur Halbzeit gerieten die
Mannschaften aneinander und mussten von Ordnern und der Polizei getrennt
werden.
## Zweimal Rooney
Der Meister aus Manchester verkraftete die Aufregung weitaus besser. Wayne
Rooney entschied mit zwei Toren binnen drei Minuten (47., 50.) das Match,
bevor ausgerechnet Suárez mit einem Abstauber noch für ein bisschen
Nervenkitzel in der Schlussphase sorgte (80.).
Nach dem Schlusspfiff feierte Evra provokativ in unmittelbarerer Nähe zu
seinem Widersacher den 2:1-Sieg, "er hätte das nicht tun sollen", sagte
United-Boss Alex Ferguson. Abermals kam es auf dem Platz und in den
Katakomben zu Handgemengen. Das Ergebnis interessierte in der Folge fast
niemanden mehr. Zu groß war die allgemeine Fassungslosigkeit über Suárez
und die Reaktion seines Trainers. "Ich finde es sehr heftig und absolut
unverschämt von Ihnen, dass sie Luis Suárez dafür verantwortlich machen,
was hier passiert ist", schnauzte Dalglish einen TV-Interviewer an.
Den unterlassenen Handschlag wollte der Schotte nicht gesehen haben,
vielleicht war er auch selbst geschockt: am Mittwoch hatte er angekündigt,
dass der Südamerikaner die Hand seines Gegenüber schütteln würde. "Wir alle
haben die Verantwortung dafür, dass es ein ein begeisterndes Spiel wird und
sonst nichts", hatte er gesagt, "die Zeit ist reif, das Geschehene hinter
sich zu lassen und nach vorne zu schauen."
Suárez macht einen Strich durch den geplanten Schlussstrich. Ein vom
Verband der rassistischen Beleidigung überführter Spieler schüttelt seinem
schwarzen Opfer nicht die Hand: an der katastrophalen Botschaft dieser
Szene hat auch die vergötterte Überfigur Dalglish eine Teilschuld. Gemäß
des Liverpool-Schlachtrufs "Attack, attack, attack!" hat sich der
60-Jährige seit Beginn der Affäre im Oktober in undurchdachten
Gegenoffensiven verrannt.
Die Schuld wurde so lange bei Evra und den Medien gesucht, bis Suárez und
einem signifikanter Teil der Liverpool-Fans der Blick für das Wesentliche
verloren ging. Folgerichtig verbohrten sich einige Anhänger prompt in neuen
Verschwörungstheorien und veröffentlichten Videos und Fotos, die beweisen
sollten, dass in Wahrheit Evra die Fairplay-Geste verweigert hatte. Dieser
Wahnwitz war selbst für Mitglieder der roten Gemeinde zu viel. Viele
zeigten sich in Internetdebatten peinlich berührt
"Suárez ist eine Schande für einen Verein wie Liverpool", sagte Sir Alex,
"ich würde ihn rausschmeißen." Das kann sich der um einen Platz in der
Champions League bangende Klub von der Mersey allerdings kaum leisten,
Suárez ist zu wichtig. Dalglish, der Mann, der einst einst den "Liverpool
Way" verkörperte, den ruhigen, würdevollen Umgang mit der Welt, muss sich
nun fragen lassen, ob er um die Resultate willen weiter zusehen will, wie
sein Nachfolger im Trikot mit der Sieben den Ruf einer Institution
beschädigt.
Am Sonntagnachmittag entschuldigten [1][sich Suárez] und [2][Dalglish] dann
doch noch.
12 Feb 2012
## LINKS
[1] http://www.liverpoolfc.tv/news/latest-news/luis-suarez-i-m-sorry
[2] http://www.liverpoolfc.tv/news/latest-news/kd-we-all-have-a-responsibility-1
## AUTOREN
Raphael Honigstein
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