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# taz.de -- Brasilianischer Fußballverband: Jede Boshaftigkeit begehen
> Der brasilianische Fußballverband braucht gut zwei Jahre vor der WM im
> eigenen Land einen neuen Präsidenten. Der korrupte Ricardo Teixeira ist
> nicht länger tragbar.
Bild: Ricardo Teixeira muss den Präsidentensessel beim brasilianischen Fussbal…
PORTO ALEGRE taz | Am Donnerstag vormittag schien sein Rücktritt noch eine
Frage von Stunden: Ricardo Teixeira, 23 Jahre lang unumschränkter Herrscher
über Brasiliens Fußballwelt, ist am Ende. "Einen historischen Donnerstag"
beschworen Journalisten und soziale Netzwerker. Starkommentator Juca Kfouri
sieht den Fußballpaten bereits auf dem Weg nach Miami, bevorzugter
Zufluchtsort geschasster lateinamerikanischer Autokraten.
Gescheitert ist der 64-jährige Oberfunktionär an immer neuen Skandalen -
und an seiner Hybris. "2014 kann ich jede erdenkliche Boshaftigkeit
begehen", hatte er noch vor einem halben Jahr in einer mittlerweile
legendären Reportage des Monatsmagazins Piauí gesagt, "die undenkbarste,
machiavellischste … und weißt du, was passieren wird? Nichts."
Nun wird die WM 2014 doch ohne ihn stattfinden - und das, obwohl er sich
neben dem Vorsitz über den brasilianischen Fußballverbands CBF auch noch
als Chef des WM-Organisationskomitees inthronisiert hatte. Nach der
Reportage rückten selbst seine treuen Bündnispartner vom Medienkonzern
Globo langsam von ihm ab.
## Bundespolizei ermittelt wegen Wucherpreisen
Seiner Gesprächspartnerin hatte Teixeira damals beschieden: "Ich muss mir
erst Sorgen machen, meine Liebe, wenn das ,Jornal Nacional' etwas meldet" -
die Globo-Tagesschau. Die berichtete nun über Straßenproteste gegen
Teixeira und Mauscheleien bei einem Freundschaftsspiel der Seleção gegen
Portugal Ende 2008.
Damals hatte eine Firma der Regierung von Brasília für die Organisation des
Spiels umgerechnet 4 Millionen Euro in Rechnung gestellt - die
Bundespolizei ermittelt seit Monaten wegen Wucherpreisen. Am Mittwoch
stellte die Tageszeitung Folha de São Paulo die zweifelsfreie Verbindung zu
Teixeira her: Die Firma, an der auch der langjährige Teixeira-Spezi Sandro
Rosell beteiligt ist, war mit einem weiteren, kurz vor dem Match
gegründeten Unternehmen verbandelt, das seinen Sitz auf einer Farm
Teixeiras hatte.
Rosell hatte Ende der 90er Jahre als Marketingleiter von Nike in
Lateinamerika einen lukrativen Vertrag mit der CBF ausgehandelt. Heute ist
er Präsident des FC Barcelona. Und dann ist da noch die Affäre um die 2001
pleitegegangene Schweizer Sportvermarktungsagentur ISL, von der Teixeira
und sein früherer Schwiegervater, Ex-Fifa-Boss João Havelange in den
Neunzigern offenbar Millionen kassierten.
## Anonymität gegen 5,5 Millionen Franken
Einzelheiten dürften nach einem Urteil des Obergerichts Zug Ende Dezember
bald amtlich werden. Den beiden war von der Staatsanwaltschaft Zug gegen
Zahlung von 5,5 Millionen Franken Anonymität zugesichert worden.
Fifa-Präsident Sepp Blatter ist längst auf Distanz gegangen zu seinem
Möchtegernnachfolger Teixeira. Blatter selbst soll bei den Machenschaften
um die ISL nur einmal nachweislich involviert gewesen sein, hat Juca Kfouri
von einem ehemaligen Fifa-Oberen erfahren:
Der Schweizer habe einen irrtümlich von der ISL auf ein Fifa-Konto
überwiesenen Betrag an Havelange weitergeleitet. Für Teixeira und Havelange
sei der vor der Veröffentlichung stehende Bericht allerdings
"niederschmetternd". Bei Redaktionsschluss waren Zeitpunkt und Modalitäten
des Teixeira-Rücktritts noch ebenso unklar wie seine Nachfolge. Eigentlich
müsste der 80-jährige Vize José Maria Marin kommissarisch übernehmen.
Doch der Kleptomane wurde erst vor kurzem wieder zum Gespött der Nation,
als er bei einem Turnier die Goldmedaille eines Jugendlichen mitgehen ließ.
Romário, 1994 Fußballweltmeister und derzeit als Bundesabgeordneter einer
der lautstärksten Teixeira-Kritiker, richtete in der Nacht auf Donnerstag
per Twitter einen Hilferuf an Staatschefin Dilma Rousseff: "Präsidentin
Dilma, greifen Sie in diesem delikaten Moment ein. Sie müssen einen
professionellen, ehrlichen und fähigen Verwalter einsetzen". Dumm ist nur:
Eine solche Lösung lassen die Fifa-Statuten nicht zu.
16 Feb 2012
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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