# taz.de -- Minigewerkschaft legt Flughafen lahm: Reisende lassen sich aufhalten | |
> Die Gruppe der Vorfeldlotsen ist klein, aber mächtig. 200 Beschäftigte | |
> reichen aus, um einen Großflughafen lahmzulegen. Die Strategie die | |
> Spartengewerkschaften geht auf. | |
Bild: Passagiere schauen den Frankfurter Vorfeldlotsen beim Nichtarbeiten zu. | |
Kleine Gruppen mit großer Wirkung: Nach Ärzten, Fluglotsen und Lokführern | |
schickt sich nun eine weitere Berufsgruppe an, eigenständige Tarifverträge | |
abzuschließen - die Spezialisten der Vorfeldüberwachung an Flughäfen. 200 | |
von ihnen reichen aus, um den größten deutschen Flughafen, den Frankfurter, | |
weitgehend lahmzulegen. Das zeigte sich am Donnerstagnachmittag, als der | |
Streik des Bodenpersonals begann. | |
Warum sind dort die Beschäftigten der Vorfeldüberwachung, die fast alle in | |
der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) organisiert sind, so mächtig? Weil | |
ohne sie nichts läuft! Sie organisieren den Verkehr auf dem Flughafen | |
abseits der Rollbahnen, also Flugzeuge, Busse, Gepäckdienste. Durch | |
Ersatzpersonal konnte die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport | |
wenigstens einen Teil des Verkehrs abwickeln. | |
Erstaunlich an diesem Tarifkonflikt ist: Die Arbeitgeberseite lehnte den | |
Schlichterspruch eines von ihr selbst vorgeschlagenen Schlichters ab. "Das | |
ist einmalig", sagte GdF-Verhandlungsführer Dirk Vogelsang. "Aber die | |
jahrelange Unterbezahlung muss beendet werden." Die Lohnerhöhungen könnten | |
sich auf 25 bis 30 Prozent summieren, wenn man alle Bestandteile wie | |
Altersvorsorge, Zuschläge und Gehaltserhöhungen zusammenrechne. | |
Ein Schichtleiter verdiene derzeit 65.000 Euro brutto jährlich, ein | |
ausgebildeter Vorfeldspezialist komme auf 50.000 Euro und ein Trainee | |
starte mit 31.000 Euro. Fraport beziffert die Lohnforderungen der GdF | |
hingegen auf 40 bis 50 Prozent mehr Lohn. "Wir fühlen uns erpresst", sagte | |
ein Unternehmenssprecher. | |
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, ebenfalls an Flughäfen engagiert, | |
beobachtet das Treiben interessiert. "Grundsätzlich kommentieren wir die | |
Tarifauseinandersetzungen anderer Gewerkschaften nicht", sagte | |
Gewerkschaftssprecher Jan Jurczyk. Im Übrigen könne man niemanden zur | |
Solidarität zwingen. Zwar sei es bedauernswert, wenn sich eine | |
durchsetzungsstarke Berufsgruppe abkopple. "Reisende kann man nicht | |
aufhalten." | |
## Spartengewerkschaften werden vernachlässigt | |
Den Vorwurf der Entsolidarisierung lässt Vogelsang nicht gelten. "Wir | |
ziehen das gesamte Segment nach oben." Jurczyk widerspricht: Diesen Effekt | |
habe man nirgendwo beobachten können. Dennoch wird im DGB-Lager die | |
Bekämpfung von Spartengewerkschaften mittlerweile hintangestellt. | |
So hat Ver.di auf Druck ihrer Mitglieder den DGB dazu gedrängt, eine | |
entsprechende gemeinsame Initiative mit den Arbeitgebern aufzugeben, die | |
Hilfe vom Gesetzgeber verlangte. Viele Gewerkschafter befürchten, dass | |
dadurch das Streikrecht insgesamt ausgehöhlt werden könnte. Und: Ver.di hat | |
sich die erfolgreiche Streikstrategie der Spartengewerkschaften offenbar | |
abgeschaut. | |
Statt mit kleinen Warnstreiks beginnt Ver.di die derzeitige | |
Tarifauseinandersetzung bei den landeseigenen Berliner Verkehrsbetrieben | |
BVG mit einem Paukenschlag. Am Samstag sollen in der Hauptstadt tagsüber | |
alle U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen stillstehen - ein Warnstreik, der | |
wirklich warnt. | |
16 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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