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# taz.de -- Drohbrief: Ein mulmiges Gefühl
> Nach dem Drohbrief an die Sehitlik-Moschee besucht die
> Integrationssenatorin Dilek Kolat den dortigen Freitagsgottesdienst.
> Gemeindemitglieder, die den Brief kennen, zeigen sich besorgt.
Bild: Senatorin Dilek Kolat besucht die Neuköllner Sehitlik-Moschee. Links neb…
Voll ist es zum Freitagsgebet in der Neuköllner Sehitlik-Moschee immer.
Hunderte muslimische Berliner, überwiegend Männer, finden sich zum
wichtigsten islamischen Gottesdienst der Woche dort ein. Dass in dieser
Woche ungewöhnliche Gäste auf der Galerie der Moschee sitzen, fällt vielen
Betenden gar nicht auf.
Und auch von dem Grund des Besuchs wissen viele nichts. In einem neun
Seiten langen Brief an die Gemeinde wurden deren Mitglieder vor einer Woche
von Unbekannten aufgefordert, innerhalb der nächsten sechs Monate die Stadt
und Deutschland zu verlassen. Sollte das nicht geschehen, wird Gewalt
angedroht.
Vor dem Gebet sitzt Ender Cetin, der Vorsitzende der Gemeinde, deshalb mit
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) in seinem Büro. Ein "Zeichen der
Solidarität" wolle sie mit ihrem Besuch beim Freitagsgebet setzen, sagt
Kolat: "Migrantinnen und Migranten gehören zu unserer Stadt, wir sind eine
Gesellschaft." Ihr Besuch kommt bei der Gemeinde gut an: "Wir hätten Sie
gerne aus einem anderen Anlass das erste Mal in unserer Moschee begrüßt",
sagt Cetin. "Aber wir sind froh, dass Sie da sind."
Die Gemeinde hat Anzeige gegen die Verfasser des Anschreibens erstattet,
der Staatsschutz ermittelt. "Eigentlich wollten wir den Brief nicht an die
große Glocke hängen", sagt Cetin. Aber die Moschee hat bereits vier
Brandanschläge erlebt: "Da bekommt man dann doch ein mulmiges Gefühl." Auch
sie habe erst über den Brief lachen wollen, erzählt ein weibliches
Gemeindemitglied. "Aber als ich ihn dann gelesen habe, neun Seiten lang,
habe ich gemerkt: Da meint es jemand richtig ernst."
## Post vom Innensenator
Auch die Politik nimmt den Brief sichtlich ernst: Mit der Senatorin sind
ihr Staatssekretär Farhad Dilmaghani und der Integrationsbeauftragte des
Senats, Günter Piening, gekommen. Auch Kulturstaatssekretär André Schmitz
nimmt am Gebet teil, zudem VertreterInnen des Lesben- und Schwulenverbandes
und einige Abgeordnete. Innensenator Frank Henkel (CDU) hat Ender Cetin
einen Brief geschrieben und ihn angerufen. Polizeischutz hat die abseits
von Wohngebieten am Rande des Tempelhofer Feldes gelegene Moschee nicht.
Es sei schwer, die Ernsthaftigkeit des Briefes einzuschätzen, sagt Ender
Cetin. Dem 35-jährigen geborenen Berliner ist die Erschütterung über das
Schreiben, das alle Muslime auffordert, Deutschland zu verlassen,
anzusehen. Vor zwei Tagen hat eine weitere muslimische Gemeinde in Berlin
den gleichen Brief erhalten.
17 Feb 2012
## AUTOREN
Alke Wierth
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Ender Cetin ist der Gemeindevorsitzende der Sehitlik-Moschee. Nach einer
inzwischen aufgeklärten Serie von Brandanschlägen wurde der Gemeinde wieder
gedroht.
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