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# taz.de -- Straßennamen: Weg frei für Umbenennung
> In Oldenburg ist eine Hitler-Verehrerin Namensgeberin einer Straße - das
> wollen Linke und Piraten ändern. SPD und Stadtverwaltung blockieren das
> Vorhaben nicht mehr.
Bild: Umstritten: der Straßenname Hedwig Heyl in Oldenburg.
OLDENBURG taz | Die Hedwig-Heyl-Straße in Oldenburg soll einen neuen Namen
bekommen - das fordert die Fraktion aus Linken und Piraten im Rat der
Stadt. Der Grund: Die Frauenrechtlerin Heyl sei wegen ihrer rassistischen,
antisemitischen und nationalistischen Äußerungen als Namensgeberin einer
Straße nicht tragbar, sagen die Kommunalpolitiker.
Vor zweieinhalb Jahren hatten die Vertreter der Linkspartei im Oldenburger
Gemeindeparlament einen ähnlichen Antrag gestellt. Der ist jedoch von der
Verwaltung und der politischen Mehrheit aus CDU, FDP und SPD abgeschmettert
worden. Doch dieses Mal stehen die Chancen besser: Die Sozialdemokraten
haben ihre Meinung geändert und die Umbenennung selbst thematisiert. Die
Stadtverwaltung plant nun eine Studie, in der alle nach Personen benannten
Oldenburger Straßen auf den Prüfstand gestellt werden sollen.
Die Erkenntnisse zur Vita der 1934 verstorbenen Heyl sind nicht neu: Sie
hegte Bewunderung für Hitler, sprach sich als Vorsitzende des "Frauenbundes
der Deutschen Kolonialgesellschaft" gegen "Mischehen" aus und wollte
"geeignetes Mädchenmaterial" in die Kolonien schaffen - das dokumentierte
die Historikerin Doris Kachulle bereits 1992 in einem taz-Artikel. Zwei
Berufsschulen in Hannover und Frankfurt zogen die Konsequenzen daraus und
legten 1999 den Namen "Hedwig Heyl" ab.
Das focht die Oldenburger Verwaltung zehn Jahre später nicht an. "Die
Ehrung für ein Lebenswerk kann nicht aufgrund einiger weniger verbaler
Aussagen völlig in Frage gestellt werden", schrieb der damalige
Kulturdezernent. Die Verwaltung machte weitergehende Forschungen zur
Bedingung dafür, dass sie sich weiter mit dem Thema beschäftigt. Dazu kam
es nicht. Auch in Heyls Geburtsstadt Bremen gibt es heute noch eine nach
ihr benannte Straße.
Man solle nun "nicht darüber streiten, warum die wissenschaftliche
Aufarbeitung nie beschlossen worden ist", sagt Oldenburgs Oberbürgermeister
Gerd Schwandner heute: "Vielmehr sollten wir die Studie jetzt sofort auf
den Weg bringen." Man wolle damit auch eine Grundlage für etwaige künftige
Debatten schaffen, statt alle paar Jahre "von Fall zu Fall zu springen",
ergänzt Sprecher Andreas van Hooven. Gespräche mit dem Institut für
Geschichte an der Uni seien bereits anberaumt, sagt van Hooven.
Den letzten Fall hatte es erst 2008 gegeben, als bekannt geworden war, dass
der Arzt Paul Eden zur NS-Zeit an Zwangssterilisationen beteiligt gewesen
war. Die nach ihm benannte Straße heißt heute Rahel-Strauß-Straße.
Beispiele für weitere fragwürdige Ehrungen gibt es genug: Da wären etwa die
Hindenburg-Straße oder die August-Hinrichs-Straße, benannt nach dem
beliebten niederdeutschen Dichter, der im NS-Regime aber auch Landesleiter
der Reichsschrifttumskammer war. Beide sind auch Ehrenbürger Oldenburgs.
Das Umdenken bei der Verwaltung und der SPD mag mit personellen
Veränderungen zusammenhängen, mit Sicherheit aber mit der in diesen
Zeitraum fallenden Kommunalwahl. Die hatte einen NPD-Abgeordneten in den
Rat gespült; vor wenigen Wochen gab es einen Anschlag auf den jüdischen
Friedhof der Stadt. "Da sollte man mit einer kräftigen, demokratischen,
einheitlichen Zunge sprechen", sagt van Hooven. Die SPD hat für 2012 einen
antifaschistischen Aktionsplan angekündigt, zu dem auch die Umbenennung der
Hedwig-Heyl-Straße gehört.
Linke und Piraten haben schon vorgeschlagen, wer die neue Namensgeberin
sein könnte: Ruth de Jonge, eine antifaschistische Widerstandskämpferin und
Oldenburgerin.
20 Feb 2012
## AUTOREN
Maik Nolte
## TAGS
Hindenburg
Umbenennung
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