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# taz.de -- Karlsruhe hebt Urteil gegen Altnazi auf: Privatgespräch ist nicht …
> Ein alter Holocaustleugner hatte einem Gastwirt Schriften zur
> "Kriegsschuldlüge" übergeben. Das Verfassungsgericht meint, er habe sie
> nicht "verbreitet".
Bild: Wenn zwei sich unterhalten, geht es Gerichte nichts an.
BERLIN taz | Das Bundesverfassungsgericht hat die Verurteilung eines
Holocaustleugners aufgehoben. Karlsruhe korrigierte dabei ein Fehlurteil
Thüringer Gerichte. Die öffentliche Leugnung der Judenvernichtung bleibt
aber weiter strafbar.
Der Karlsruher Beschluss vom letzten November war erst jetzt bekannt
geworden, sorgte jedoch für einige Aufregung. Die Süddeutsche Zeitung
meldete auf Seite 1, das Volksverhetzungsverbot sei nun "entleert".
Ausgelöst wurde der Fall im Jahr 2005 durch einen damals 81-jährigen
Altnazi. Er hatte mit dem örtlichen Gastwirt über den Zweiten Weltkrieg
diskutiert. Zwei Tage später kehrte er zurück, um dem Wirt mehrere
Schriften zur "Kriegsschuldlüge" zu übergeben. In diesen Schriften wurde
auch der Holocaust als Lüge dargestellt.
Der Wirt nahm die Schriften und zeigte den Altnazi später bei der Polizei
an. Der Altnazi wurde anschließend vom Amtsgericht Sondershausen wegen
Volksverhetzung verurteilt. Das Landgericht Mühlhausen und das
Oberlandesgericht Jena bestätigten das Urteil. Der Mann musste 2.100 Euro
Geldstrafe zahlen.
Strafbar ist die schriftliche Holocaustleugnung allerdings nur, wenn die
Schriften "verbreitet" werden. Die Thüringer Gerichte nahmen an, dass ein
Gastwirt diese eventuell in der Wirtschaft auslegen werde und der Altnazi
dies auch erhofft habe.
Die Verfassungsrichter hielten diese Auslegung jedoch für abwegig. Der
Altnazi habe dem Wirt nur je ein Exemplar der Broschüren übergeben, um
diesen persönlich zu überzeugen. Das habe auch der Wirt ausgesagt. Bei der
Übergabe seien die beiden Männer allein in der Kneipe gewesen; auch sonst
habe es keine Anzeichen gegeben, dass der Wirt die Schriften
weiterverteilen werde. Von einem "Verbreiten" könne keine Rede sein.
## Kriegsschuldfrage und Holocaust untrennbar
Das Bundesverfassungsgericht hat das Strafgesetzbuch also nicht entleert,
sondern nur korrekt angewandt. Die bloße Übergabe einer Schrift, die den
Holocaust leugnet, von einer Person an eine andere ist laut Strafgesetzbuch
nun mal nicht strafbar, ebenso wenig wie ein entsprechendes Privatgespräch
von zwei Personen.
Diskussionswürdig ist lediglich, dass die Karlsruher Richter in der
falschen Rechtsanwendung zugleich eine Verletzung der Meinungsfreiheit
sahen. Denn eine evident falsche Tatsachenaussage wie die Leugnung der
Judenvernichtung ist eigentlich nicht von der Meinungsfreiheit geschützt.
Die Richter meinten aber, dass die Leugnung des Holocausts hier
"untrennbar" mit der Meinung zur Kriegsschuldfrage verbunden war. Nur
deshalb konnten sie die Klage des Altnazis als zulässig einstufen und die
Thüringer Fehlurteile aufheben. (Az.: 1 BvR 461/08)
23 Feb 2012
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Brasilien
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