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# taz.de -- Kommentar Afghanistan: Mission Eigensicherung
> Der Kommandant bezeichnet den Abzug als falsch. Die Flucht aus Talokan
> steht für die Versäumnisse der Bundeswehr und die Fehler der deutschen
> Afghanistanpolitik.
Zugegeben, der Bundeswehrtrupp, der wegen der eskalierenden Proteste gegen
eine Koranverbrennung vorzeitig aus dem afghanischen Talokan abgezogen
wurde, sollte das Lager ohnehin räumen. Strategisch macht der Rückzug also
keinen großen Unterschied. Trotzdem ist er als Symbol nicht zu
unterschätzen.
Der Fall zeigt, dass die Bundeswehr auf den Vormarsch der Taliban in
Nordafghanistan auf eine Weise reagiert, die alles, was nicht militärischer
Eigensicherung dient, in den Hintergrund drängt. Bloß keine deutschen
Opfer, lautet die Devise. Das ist wenig erstaunlich, denn immer mehr
Politiker zweifeln am Sinn der "Mission Afghanistan". Die Bundeswehr hat
schon mehrfach, wenn es vor den Stützpunkten zu heiß wurde oder
Hilfsorganisationen um Schutz baten, ihre Türen verbarrikadiert. Das
Argument, die Truppe sei in Afghanistan stationiert, "um Wiederaufbau und
Entwicklung zu ermöglichen", wird so ad absurdum geführt.
Gleiches gilt für die offizielle Marschrichtung, Deutschland müsse sich mit
Blick auf den militärischen Abzug bis 2014 stärker zivil betätigen.
Deutsche Aufbauhelfer gibt es in Talokan – immerhin einer der zehn größten
Städte Afghanistans - kaum noch. Doch bisher konnten zumindest noch
afghanische Organisationen am Tor des deutschen Lagers klopfen und
Projekthilfe erbitten. Anders als die festungsartig gesicherten Stützpunkte
der Deutschen in Kundus und Masar-i-Scharif war es zugänglich.
Zudem straft der deutsche Rückzug aus Talokan die Behauptung Lügen, die
Bundeswehr würde in Afghanistan etwas gegen den Terrorismus tun. Nicht nur
dass sich trotz ihrer Präsenz in den letzten Jahren alle möglichen
Dschihadisten in der Nordprovinz Tachar festgesetzt haben, in der die
deutschen Soldaten genau das verhindern sollten. Nun büßt sie auch noch die
Möglichkeit ein, die Militanten wenigstens aus der Nähe zu beobachten.
Der Kommandant der deutschen Truppe von Talokan hat den Abzug im Fernsehen
als falsch bezeichnet. Er habe aber seine Befehle. Die kommen aus Berlin
und haben längst mehr mit politischer Eigensicherung als mit den
Bedürfnissen der Afghanen zu tun. Die Flucht aus Talokan – sie mag
strategisch keinen Unterschied mehr machen, aber sie steht stellvertretend
für die Versäumnisse der Bundeswehr und die Fehler der deutschen
Afghanistanpolitik.
24 Feb 2012
## AUTOREN
Thomas Ruttig
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