# taz.de -- Kommentar Soli-Zahlungen: Geheimsache Ost | |
> Die geheime Studie würdigt nicht die Erfolge der Anpassungspolitik im | |
> Osten. Am Ende wird das Gutachten wohl zur Abschaffung des Solizuschlags | |
> missbraucht werden. | |
Der Titel des Gutachtens "Wirtschaftlicher Stand und Perspektiven für | |
Ostdeutschland" kommt wohl bewusst nichts sagend daher – dabei hat es diese | |
Expertise in sich. Gefordert wird ein radikaler Kurswechsel der seit 1991 | |
eingeschlagenen und mehrfach angepassten Strategie. Der Auftraggeber, das | |
Bundesinnenministerium, reagierte verschreckt und würde die Studie gern | |
unter Verschluss halten. | |
Doch nur eine Veröffentlichung ermöglicht eine von Spekulationen befreite | |
Diskussion über die vorgelegten Provokationen: Da wird die "vollständige | |
Angleichung" des wirtschaftlichen Ost- an das Westniveau als Illusion | |
denunziert. Die Erfolge der Anpassungspolitik werden nicht ausreichend | |
gewürdigt, künftig notwendige Schritte nicht untersucht. Ökonomisch wird | |
der Osten auf dem bisherigen Niveau fest- und damit auf Dauer | |
abgeschrieben. Dazu dient das sattsam bekannte Vorurteil gegen | |
Subventionen. | |
Die Rede ist von "negativen Gewöhnungseffekten". Doch wie könnten sich | |
ökonomisch extrem schwache Regionen etwa in Mecklenburg-Vorpommern, aber | |
auch in Sachsen an wirtschaftsstrukturelle Subventionen gewöhnen, wenn | |
diese dort gar nicht ankommen? Dass sich nach 20 Jahren der | |
Angleichungsprozess verlangsamt, ist eine Binsenweisheit. Gerade deshalb | |
braucht Ostdeutschland bis 2019 die nach dem Solidarpakt II festgelegte | |
Förderung. | |
Da die Federführung dieses Gutachtens beim Wirtschaftsforschungsinstitut | |
Halle liegt, stellt sich die Frage, ob dieses Institut, das genau für die | |
wissenschaftliche Begleitung der wirtschaftlichen Stärkung Ostdeutschlands | |
gegründet worden ist, sich damit nicht erübrigt hat. Im offenen Diskurs | |
ließe sich der Verdacht klären: Am Ende wird das Gutachten zur Abschaffung | |
des Solizuschlags von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und | |
Körperschaftsteuerschuld missbraucht werden. | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Hickel | |
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