# taz.de -- Konflikt in Zentralasien: Wasser gegen Strom | |
> Tadschikistan will ein lange geplantes Wasserkraftwerk fertigbauen. | |
> Usbekistan fürchtet, vom Wasser abgeschnitten zu werden. Deutschland soll | |
> vermitteln. | |
Bild: Hier soll der umstrittene Rogun-Staudamm entstehen. | |
BERLIN taz | Die Lage in den zentralasiatischen Hochgebirgen ist brisant: | |
Aufgrund des Klimawandels schwinden die Gletscher, die den beiden Strömen | |
Syr- und Amu-Darja als Wasserreservoir dienen. Bevölkerungswachstum und | |
wirtschaftliche Entwicklung steigern den Wasser- und Energiebedarf. | |
Das führt zu Konflikten: Tadschikistan und Usbekistan etwa beharken sich | |
seit Jahren wegen des von Tadschikistan geplanten Weiterbaus des | |
Wasserkraftwerkes Rogun. Noch in der Sowjetunion war der Bau der 335 Meter | |
hohen Staumauer geplant, und die Turbinenhallen wurden ins Gebirge | |
getrieben. Das Kraftwerk am Oberlauf des Zuflusses des Amu-Darja könnte | |
nach Fertigstellung zweimal die jährliche Stromversorgung Berlins | |
sicherstellen. | |
Das weiter stromabwärts gelegene Usbekistan, das mit knapp 30 Millionen | |
Einwohnern und einer intensiven Baumwollwirtschaft zu den größten | |
Wasserverbrauchern gehört, befürchtet jedoch, von der Wasserversorgung | |
abgeschnitten zu werden, und bekämpft darum mit allen Mitteln den Fertigbau | |
des Rogundammes. | |
In diesem Konfliktfeld will Deutschland sich jetzt als Vermittler | |
einschalten. Bei einer Außenministerkonferenz zum Thema „Wasserdiplomatie | |
in Zentralasien“ in Berlin wurde am Donnerstag eine Erklärung | |
verabschiedet, in der sich alle Staaten der Region zur „Zusammenarbeit“ | |
verpflichten. Deutschland bietet Hilfe bei der Einrichtung moderner | |
Messstationen, bei der Effizienzsteigerung der Bewässerung und bei der | |
Förderung alternativer Energie an. | |
Zu Beginn der Konferenz am Mittwoch hatte Guido Westerwelle die regionale | |
Zusammenarbeit beschworen. Bis auf Turkmenistan, das durch den Botschafter | |
vertreten war, entsandten die übrigen Staaten Minister. Afghanistan | |
schickte als Beobachter den Botschafter zur Konferenz. Afghanistans | |
Nordprovinzen grenzen an den Amu-Darja, und das Land hofft auf | |
Stromlieferungen aus Zentralasien. | |
## Der Konflikt könnte eskalieren | |
Dies deutsche Wasserdiplomatie in Zentralasien begann 2008 mit dem | |
„Berliner Prozess“; in der ersten Phase hat Deutschland das | |
grenzübergreifende Wassermanagement in Zentralasien mit 5 Millionen Euro | |
unterstützt. | |
Der Streit über den Rogun-Staudamm wurde in Berlin allerdings komplett | |
ausgeklammert. „Nur dessen Nennung hätte die Konferenz gesprengt“, sagt ein | |
zentralasiatischer Teilnehmer. Denn der historische Konflikt scheint schwer | |
zu lösen. Zu Sowjetzeiten erhielten die wasserreichen, aber rohstoffarmen | |
Oberanrainer Kirgistan und Tadschikistan subventionierte Energie und | |
stellten im Gegenzug Wasser bereit. Heute müssen sie Gas und Öl zu | |
Weltmarktpreisen einkaufen und setzen darum auf den Ausbau von | |
Wasserkraftwerken. | |
Der Konflikt könnte eskalieren. Ende des Jahres soll eine | |
Machbarkeitsstudie der Weltbank fertig sein. Bis dahin ist Zeit gewonnen. | |
Die deutschen Diplomaten hoffen mit dem grenzüberschreitenden | |
Wassermanagement Druck aus dem Kessel zu nehmen. | |
Vor allem die wasserintensive Baumwollwirtschaft in Usbekistan ist wegen | |
des maroden Bewässerungssystems der größte Wasserverschwender in der | |
Region. Experten gehen davon aus, dass zwischen 50 und 80 Prozent des | |
eingesetzten Wassers auf dem Weg zur Pflanze verloren gehen. Dies führte in | |
der Sowjetunion bereits zum Austrocknen des Aralsees. | |
9 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Markus Bensmann | |
## TAGS | |
Tadschikistan | |
Merowe-Staudamm | |
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