# taz.de -- Ikea-Arbeiter schließen weltweite Allianz: Billys Betriebskampf | |
> Beschäftigte von Ikea fordern in Istanbul gleiche Arbeitsbedingungen in | |
> allen Ländern. Das Möbelhaus bekämpft seit Jahren gewerkschaftliche | |
> Organisierung. | |
Bild: Ikea mutet seinen Mitarbeitern so einiges zu. | |
ISTANBUL taz | Der Deutschen liebstes Möbelhaus Ikea muss sich weltweit auf | |
härtere Arbeitskämpfe einstellen. Mitarbeiter des Unternehmens gründeten | |
gestern in Istanbul eine „IKEA Global Union Alliance“, also einen | |
Zusammenschluss aller Gewerkschaften, die in den Niederlassungen von Ikea | |
engagiert sind. | |
Hintergrund: Während Geschäftsführungen und ArbeitnehmerInnen-Vertretungen | |
in den westeuropäischen Ikea-Häusern in aller Regel gut zusammenarbeiten, | |
sieht das schon in Ost- und Südeuropa, erst recht aber im Nahen Osten und | |
Asien ganz anders aus. | |
So fand das Treffen von Gewerkschaftern und Ikea-Mitarbeitern aus 20 | |
ArbeitnehmerInnenorganisationen und 14 Ländern auch nicht zufällig in | |
Istanbul statt. Seit Monaten kämpft die in der Türkei zuständige | |
Gewerkschaft Koop-Is darum, in den Ikea-Filialen des Landes zugelassen zu | |
werden. Die Geschäftsleitung versucht mit massivem Druck zu verhindern, | |
dass die Beschäftigten sich überhaupt gewerkschaftlich organisieren. | |
„Wir wollen natürlich erreichen, dass alle Mitarbeiter in allen | |
Ikea-Einrichtungen weltweit gleich behandelt werden“, sagte die Deutsche | |
Alke Bössiger, die beim internationalen | |
Dienstleistungsgewerkschaftsdachverband UNI jetzt für die | |
Ikea-ArbeiterInnen zuständig ist, „aber das ist oft sehr schwierig“. | |
## Gewerkschafte nicht zugelassen | |
In vielen Ländern werden die Mitarbeiter schlecht bezahlt, müssen | |
Überstunden machen, oft sind sie nicht einmal krankenversichert, weil sie | |
nur auf Honorarbasis oder als Leiharbeiter engagiert werden. | |
Gewerkschaften, die dagegen etwas unternehmen könnten, werden in den | |
Betrieben nicht zugelassen. Eines der Probleme ist, dass in der Türkei – | |
aber auch in Griechenland, den Golf-Staaten und teilweise in den USA – | |
Ikea-Einkaufszentren von Franchise-Unternehmen geführt werden. | |
In der Türkei ist das eine Firma namens Mappa, die nach Auskunft des | |
Vorsitzenden der türkischen Gewerkschaft Koop-Is, Metin Güney, „nach außen | |
zwar so tut, als würde sie Gewerkschaften akzeptieren, in der Praxis aber | |
ganz anders handelt – mit Rausschmiss nämlich“. | |
Markus Bülemeier, der im Ikea-Lager in Dortmund arbeitet, aber auch | |
Mitglied im Europa-Betriebsrat von Ikea ist, erzählt, dass die Betriebsräte | |
des Konzerns, ausgehend von den Verhältnissen in Schweden, erst einmal | |
immer stark auf eine Sozialpartnerschaft setzen. „Damit haben sie in | |
Schweden und überwiegend auch in Deutschland gute Erfahrungen gemacht. | |
## Härtere Kampfmaßnahmen notwendig | |
Dass in anderen Weltgegenden oft härtere Kampfmaßnahmen notwendig sind, ist | |
für die klassischen Ikea-Betriebsräte erst einmal noch gewöhnungsbedürftig. | |
Als sie in Frankreich vor zwei Jahren mal ein Filialleiter im Büro | |
festgesetzt haben, konnten die schwedischen Kollegen das erst einmal nicht | |
verstehen.“ | |
Trotzdem hat das jetzt geschlossene weltweite Bündnis gute Chancen, | |
erfolgreich zu sein, denn Ikea ist sehr um sein Image besorgt. So kam denn | |
auch eine der Spitzenmanagerinnen des Konzerns, die frühere | |
Deutschlandchefin Petra Hesser, die jetzt global für Personalmanagement | |
verantwortlich ist, vorgestern nach Istanbul, um sich der Debatte mit den | |
Gewerkschaftsvertretern zu stellen. | |
„Wir konnten einvernehmlich einen gemeinsamen Katalog verabschieden, im dem | |
festgehalten wird, welche Rechte Ikea-Mitarbeiter weltweit haben sollen, | |
egal wo sie arbeiten“, erläutert Alke Bössiger das Ergebnis der Konferenz. | |
Ulrich Dalibor von Ver.di erzählte am Rande des Treffens, dass der | |
Dachverband UNI nach Ikea auch für andere global tätige Handelshäuser wie H | |
& M, Metro und Indi-Tex, den Mutterkonzern von Zara, weltweite | |
Gewerkschaftsallianzen auf die Beine stellen will. | |
Allerdings: „Selbst in Deutschland gibt es ja noch große weiße Flecken. | |
Aldi-Süd und Media-Markt sind nach wie vor gewerkschaftsfreie Zonen“, so | |
Dalibor. | |
8 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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