Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- David Gill, der Vertraute von Gauck: Klempner mit Bibelkenntnissen
> Der 45-jährige Jurist David Gill wird der neue Chef des
> Bundespräsidialamtes. Joachim Gauck wurde schon früh auf ihn aufmerksam.
Bild: Jurist, Oberkirchenrat und bald Chef des Präsidialamtes: David Gill.
„Liebe hat dich hergetrieben, Liebe riss dich von dem Thron; und wir
sollten dich nicht lieben?“ Das trifft, alles in allem, ganz gut auf David
Gill zu, dem neuen Chef des Bundespräsidialamtes in spe. Diese selbst
verfassten Gedichtzeilen sprach der Graf von Zinzendorf am Abend des 3. Mai
1728, um seiner südsächsischen Gemeinde ein aufmunterndes Wort für den
nächsten Tag zu geben – daraus entstanden die Herrnhuter Losungen, die
seitdem und mittlerweile seit Jahrhunderten jedem Tag ein Motto geben.
Gill, der zweitjüngste von sieben Kindern eines Bischofs der Herrnhuter
Brüdergemeine, kommt aus dieser sehr frommen, evangelisch-freikirchlichen
Tradition.
Dennoch ist aus dem 45-jährigen Juristen kein frömmelnder Christ geworden –
vielleicht auch, weil er wegen seiner Herkunft im SED-Regime kein
staatliches Studium, sondern nur eine Klempnerlehre machen konnte. Gill
wechselte danach, wie viele Oppositionelle, auf eine kirchlichen
Hochschule, dem Sprachenkonvikt in Ostberlin, um zu studieren, nämlich
Theologie. Da aber kam die friedliche Revolution von 1989 dazwischen. Gill
wurde als Student Vorsitzender des Bürgerkomitees zur Auflösung der
Berliner Stasizentrale in der Normannenstraße.
Hier wurde Joachim Gauck auf ihn aufmerksam, der am Sonntag voraussichtlich
Bundespräsident wird. Gill wurde ein Vertrauter Gaucks und erster
Pressesprecher der Stasi-Unterlagen-Behörde. In den Neunziger Jahren fing
Gill erneut an, zu studieren, unter anderem in den USA, auch der Liebe
wegen. Er schloss sein Jurastudium ab, arbeitete im Bundesministerium des
Innern und beim Berliner Datenschutzbeauftragten. Im Jahr 2004 kehrte er
zurück zur evangelischen Kirche: Gill ist seitdem Stellvertreter des
Bevollmächtigten des Rates der EKD in Berlin – also des Cheflobbyisten der
Kirche.
In evangelischen Kreisen sind viele voll des Lobes über den jugendlich
wirkenden Intellektuellen. Er denke strategisch, arbeite effizient, sei
sehr freundlich – und wer ihn einmal erlebt hat, versteht das Lob sofort.
Eine Plauderei beim Wein ist mit ihm ebenso anregend wie ein ernsthaftes
Gespräch über die ganz harten Nüsse der Bundespolitik. Und wenn Gauck am
Sonntag zum Staatsoberhaupt gewählt wird, dann passt die Losung dieses
Tages für diese beiden „Wir-sind-das-Volk“-Protagonisten von 1989, Gauck
und Gill, mal wieder perfekt. Es lautet: „Sieh doch, dass dies Volk dein
Volk ist.“ (2.Mose 33,13)
12 Mar 2012
## AUTOREN
Philipp Gessler
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bundesversammlung hat gewählt: Gauck ist Bundespräsident
Überraschung: Joachim Gauck ist zum 11. Bundespräsidenten des Landes
gewählt worden. Der Theologe erhielt 991 Stimmen. „Was für ein schöner
Sonntag“, sagte das neue Staatsoberhaupt.
Joachim Gauck: Der Menschenfischer
Joachim Gaucks Entwicklung vom Pastor zum Präsidenten folgt einer Logik.
Die Spurensuche beginnt in Rostocker Plattenbauten.
Die Wahrheit: Freiheit, die ich gaucke
Die Antrittsrede des neuen Bundespräsidenten.
Debatte Erbe der DDR-Opposition: Aus dem Schatten Gaucks
Die Debatte über das Staatsoberhaupt in spe hat auch etwas Gutes: Sie holt
ein verdrängtes Erbe der DDR-Opposition zurück ins Licht.
Debatte Joachim Gauck: Gänsehaut bei Gauck
Joachim Gauck nutzt Emotionen und Erinnerungen als rhetorische Waffen.
Einige Anmerkungen zur viel gerühmten Redekunst des
Präsidentschaftskandidaten.
Der designierte Präsident und das Netz: Gauck schreibt wie ein Außenseiter
Joachim Gauck schreibt im Vorwort für eine Studie über Internetnutzung, das
Netz bedrohe Grundrechte. Er selbst scheint allerdings ein Netz-Laie zu
sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.