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# taz.de -- Debatte über "Finca-Gate": Wowereit in Vorwärtsverteidigung
> Der Regierende Bürgermeister geht zum Angriff über: "Private Kontakte"
> will er sich als Politiker nicht verbieten lassen.
Bild: Erteilt der Opposition schon wieder Lehren: Klaus Wowereit (SPD).
Müde sieht Klaus Wowereit aus, als er am Dienstag in die
Senatspressekonferenz tritt. Doch als sein Besuch in der Finca des
Partymanns Manfred Schmidt zur Sprache kommt, wird der Regierende
energisch: Der Besuch sei „rein privat“ gewesen, er habe sich nichts
vorzuwerfen. Man müsse „höllisch aufpassen“, welches Klima diese Debatte
erzeuge, poltert der Sozialdemokrat. „Sonst sind Politikern ganz normale
gesellschaftliche Kontakte nicht mehr möglich.“
Es ist mehr Angriff als Verteidigung, was Wowereit hinlegt. Zuvor war der
Regierende in gefährliche Nähe des Wulff’schen Schnäppchenstrudels geraten.
Auf eine Grünen-Anfrage hatte Wowereit eingeräumt, 2004 „zwei bis drei
Tage“ in der spanischen Residenz des Eventmanagers Schmidt verbracht zu
haben. Der wurde auch schon dem Exbundespräsidenten zum Verhängnis, die
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schmidt wegen Bestechung.
Noch am Dienstagvormittag sieht sich Wowereit mit einem neuen Vorwurf
konfrontiert: Auf der Pressekonferenz räumt er vor den zahlreichen
Journalisten zwei weitere Gratisausflüge ein. 2002 und 2003 war Wowereit
nach London zum „Capitals Club“ geladen, einem Treffen internationaler
Persönlichkeiten in einem Golfresort. Gereist war der Regierende gratis im
Privatjet des Exbahnchefs Heinz Dürr. Er habe für die Flüge 215 und 300
Euro an die Aidshilfe gespendet, angelehnt an die üblichen
Linienflugpreise, verteidigt sich Wowereit. „Wohlgemerkt: Kurz nach den
Flügen, nicht erst heute.“
Dass er Dürr 2003 den Bundesverdienstorden überreicht habe, sieht Wowereit
„ohne Zusammenhang“ zu der Reise. Die Auszeichnung komme vom
Bundespräsidialamt. Dennoch, lenkt Wowereit ein, würde er heute den
Gratisflug nicht mehr annehmen. Es bleibt der einzige Moment der
Selbstkritik.
Stattdessen nennt Wowereit Schmidt einen „sehr guten Bekannten“. Der Besuch
der Finca sei ein Abstecher im Spanien-Urlaub gewesen. Auch danach habe er
Schmidt mehrmals getroffen, so Wowereit. „Privat und in Berlin.“ Bis heute
habe es aber „keinerlei Aufträge“ des Senats an Schmidt gegeben. Im
September 2011 hielt Wowereit allerdings eine Rede auf einer Wahlkampfparty
von Schmidt in Berlin. Ein normaler Vorgang, versichert der Regierende. Er
sei ständig auf Veranstaltungen geladen.
Dann schaltet Wowereit ins Grundsätzliche. Wer erwarte, dass ein
Bürgermeister keine privaten Kontakte mehr pflegen dürfe, habe ein
„falsches Amtsverständnis“. „Ich bin auch Privatmensch, und das lasse ich
mir nicht nehmen.“ Er könne ja verstehen, dass die Opposition das Thema
ausschlachte, bemerkt Wowereit wieder mit alter Nonchalance. „Aber die
Opposition ist doch als Erstes am Buffet.“
Das geht vor allem an die Grünen. Einer Frage von deren Rechtsexperten Dirk
Behrendt im Abgeordnetenhaus war Wowereit erst ausgewichen, erst auf
schriftliche Anfrage räumte er den Finca-Besuch ein. Behrendt begrüßt am
Dienstag, dass Wowereit sich nun den Vorwürfen stellt. „Dies sollte er
jetzt aber auch im Parlament tun.“ SPD und CDU hatten abgelehnt, Wowereit
in den Rechtsausschuss am Mittwoch zu laden. Die Opposition fordert aber
„volle Transparenz“. Und Behrendt wehrt sich gegen den Vorwurf, ein
Misstrauensklima zu schüren: „Das hat Wowereit selbst geschürt, indem er
nur stückchenweise Details preisgibt.“
13 Mar 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
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