# taz.de -- Drogerie-Pleite: Bei Schlecker geht das Licht aus | |
> In Berlin schließen 77 Schlecker-Filialen. Wie viele MitarbeiterInnen den | |
> Job verlieren, ist noch unklar. Die Stimmung in den Drogeriemärkten ist | |
> gedrückt. | |
Bild: Nur noch ein Fünkchen Hoffnung: Viele Schlecker-Filialen machen dicht. | |
Für die Mitarbeiterinnen der Schlecker-Filiale an der Neuköllner | |
Sonnenallee kam die Nachricht per Fax. „Gestern wurde uns mitgeteilt, dass | |
unsere Filiale am 26. März schließt“, sagt Mitarbeiterin Barbara Meyer*. | |
„Das war ein großer Schock.“ Obwohl die Stimmung gedrückt ist, läuft der | |
Betrieb bislang wie gewohnt. Nur die Kunden fragen immer wieder, ob auch | |
diese Filiale geschlossen werde, und wünschen den Mitarbeiterinnen alles | |
Gute. | |
Meyer, die routiniert die Waren über das Kassenband zieht, arbeitet seit | |
fast 17 Jahren bei Schlecker. Dass es mit einem Fax endet, sagt sie, | |
einfach so, das habe sie nicht gedacht. Bis zur Schließung bleiben noch | |
zehn Arbeitstage. Ob die 44-Jährige und ihre Kolleginnen nun ihre Jobs | |
verlieren, stand nicht im Fax: „Wir wissen gar nichts.“ | |
Die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker schließt bundesweit mehr als | |
2.000 Filialen, wie das Unternehmen gestern bekannt gab. Besonders | |
betroffen ist unter anderem Berlin. Laut Ver.di arbeiten in der Stadt 859 | |
MitarbeiterInnen, die meisten davon Frauen, in 191 Filialen. 77 Filialen | |
sollen geschlossen werden. Wie viele Entlassungen es geben wird, ist unklar | |
– das hänge davon ab, wie viele KollegInnen künftig in den Filialen | |
arbeiten werden, so Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. Jetzt gehe es | |
darum, soziale Härtefälle zu vermeiden, fordert er. Viele Frauen würden | |
Teilzeit arbeiten. „Für sie wird es schwierig, zu adäquaten Bedingungen | |
einen neuen Job zu bekommen.“ | |
In der Weddinger Müllerstraße hat die Leiterin der Schlecker-Filiale heute | |
Morgen ein Plakat neben die Tür gehängt: „Räumungsverkauf, 30 % auf alles�… | |
steht darauf. „Bei den letzten Schließungen hat es keinen Räumungsverkauf | |
gegeben“, sagt Brigitte Schuster*, die Waren seien damals einfach in andere | |
Geschäfte gebracht worden. „Das zeigt den Ernst der Lage.“ Schuster | |
arbeitet seit 16 Jahren bei Schlecker. Neue Warenlieferungen hätten ihr in | |
den letzten Wochen Hoffnung gemacht. Nun hoffen sie und ihre beiden | |
Kolleginnen, in anderen Filialen unterzukommen. „Schlimm ist das Warten“, | |
sagen sie. | |
Obwohl Schuster nicht über die Arbeitsbedingungen bei Schlecker klagen | |
will, ist sie seit kurzem bei Ver.di organisiert. „Nachdem die | |
Schwierigkeiten losgingen, dachte ich, ein bisschen Unterstützung wäre | |
gut.“ Und trotzdem – an der Demonstration am heutigen Donnerstag, bei der | |
Schlecker-Beschäftigte vor dem Roten Rathaus für den Erhalt ihrer | |
Arbeitsplätze demonstrieren wollen, will sie sich nicht beteiligen: „Ich | |
weiß nicht, wozu das jetzt noch führen soll.“ | |
Für Ver.di Sprecher Splanemann ist politischer Druck jetzt das Richtige. | |
„Die Politik hat sich bisher rausgehalten“, kritisiert er. Vielleicht helfe | |
die Kundgebung, Druck aufzubauen, um einen Überbrückungskredit der | |
Förderbank KfW zur Gründung einer Transfergesellschaft zu bekommen, wie | |
derzeit diskutiert wird. Und mehr Transparenz soll im weiteren Verfahren | |
gefordert werden. „Die Schleckerfrauen müssen Flagge zeigen“, sagt er. | |
Von Demonstrationslust ist auch in der Filiale in Neukölln derweil wenig zu | |
spüren. Auch Barbara Meyer wird nicht an der Demonstration teilnehmen. „Ich | |
muss ja arbeiten“, sagt sie. Man müsse jetzt das Beste aus der Situation | |
machen. „Und ich hoffe immer noch, dass ich in einer anderen Filiale | |
unterkomme.“ | |
*Namen geändert | |
14 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
Moritz Wichmann | |
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