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# taz.de -- Massenentlassungen bei Schlecker: Kein Zuckerschlecken für 12.000
> Fast jede Zweite der 25.000 Mitarbeiter beim insolventen Drogeriekonzern
> muss gehen. Derweil streitet die Politik über mögliche Hilfen für die
> Betroffenen.
Bild: Die Schlecker-Damen demonstrieren für ihre berufliche Zukunft. Auch am D…
EHINGEN/ERFURT/KÖLN/ dapd/dpa | Bei Schlecker wird der Albtraum
Wirklichkeit: Die Betriebsräte erhielten am Mittwoch erstmals eine Liste
mit Kündigungskandidaten bei einem Treffen mit Insolvenzverwalter Arndt
Geiwitz in Oberhof/Thüringen. Es trifft fast 12.000 der noch rund 25.000
Beschäftigten. Bei einigen Arbeitnehmervertretern flossen Tränen.
Gleichzeitig veröffentlichte die insolvente Drogeriekette eine Liste mit
2.000 Filialen, die schon zum 24. März geschlossen werden. Dort beginnt
bereits der Räumungsverkauf. Derweil stritt sich die Politik um eine
Transfergesellschaft zur Weiterbeschäftigung und Qualifizierung der
Beschäftigten. Der Stuttgarter Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid
(SPD) verlangte von der Bundesregierung die Zwischenfinanzierung.
„12.000 Frauen werden sonst auf der Straße stehen und diese Verantwortung
nehme ich nicht auf mich“, sagte der Politiker im Landtag. Das FDP-geführte
Bundeswirtschaftsministerium hatte die Finanzierung zuvor in einem Brief an
Schmid abgelehnt. "Im Fall von Schlecker liegt die Zuständigkeit (...) beim
Bundesland Baden-Württemberg", schrieb Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard
Heitzer (FDP) an Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid
und Arbeitsministerin Katrin Altpeter (beide SPD).
## Nahles schließt Staatshilfen nicht aus
Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat Staatshilfen für den
insolventen Konzern nicht ausgeschlossen. Es sei sehr bedauerlich, dass das
gesamte Unternehmenskonzept in sich zusammenbreche und so viele Frauen
davon betroffen seien, sagte Nahles am Mittwoch in Erfurt. „Trotzdem muss
genau geprüft werden, was die Politik tun kann“. Eine Reihe von Filialen
seien stabil und brauchten KfW-Kredite. Es sei unklug von
Wirtschaftsminister Philipp Rößler (FDP) gewesen, diese Kredite sofort
abzulehnen. Sie forderte ihn auf, dies zu überprüfen.
Die Märkte wurden am Dienstagabend per Fax unterrichtet. „Wir müssen Ihnen
heute leider mitteilen, dass Ihre Verkaufsstelle nach vorläufigem Stand zum
24. März 2012 geschlossen wird“, hieß es dort. Es sei mit allen Beteiligten
nach Alternativen gesucht worden.
„Doch um eine zukunftsfähige Basis für Schlecker zu schaffen, ist es
unumgänglich, das Filialnetz jetzt deutlich zu verkleinern.“ Die Schließung
der Märkte bedeutet jedoch nicht gleichzeitig die Kündigung der dort
beschäftigten Mitarbeiter. „Die wirtschaftlich unvermeidlichen Entlassungen
werden einem Sozialplan folgen“, teilte das Unternehmen weiter mit.
## Betriebsräte prüfen Sozialkriterien
Die Liste der Entlassungskandidaten werde nun von den Betriebsräten
überprüft, ob sie nach den Sozialkriterien zustande gekommen sei, sagte der
ver.di-Verhandlungsführer Bernhard Franke. Dabei gehe es um Lebensalter,
Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen. Die letzte
Entscheidung darüber, wer entlassen werde, liege allerdings nicht bei den
Betriebsräten, sondern beim Arbeitgeber und beim Insolvenzverwalter. Mit
Beschlüssen sei frühestens am Wochenende zu rechnen.
Zentraler Punkt der Gespräche in Oberhof war daher die Gründung einer
Transfergesellschaft, in der die zu entlassenden Mitarbeiter aufgefangen
werden sollen, um die sozialen Folgen abzufedern.
Schmid sagte im Landtag, Insolvenzverwalter und Arbeitsagenturen seien sich
einig, dass eine Transfergesellschaft die beste Lösung sei, da durch sie
eine passgenaue Vermittlung und Weiterqualifizierung möglich sei.
## CDU-Politiker Fuchs erteilt Absage
Am Abend beriet Schmidt in Berlin mit Bundesarbeitsministerin Ursula von
der Leyen (CDU), Heitzer und Vertretern von Wirtschafts- und
Finanzministerium über eine mögliche Transfergesellschaft für die von der
Entlassung bedrohten Schlecker-Mitarbeiter. Ein greifbares Ergebnis gab es
nicht. „Es bedarf noch interner Beratung. Aber Bund und Länder wollen eine
gemeinsame Lösung finden“, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorf.
Währenddessen hat der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Michael Fuchs
hat Finanzhilfen des Bundes für die insolvente Drogeriemarktkette
ausgeschlossen. "Es ist nicht Aufgabe des Bundes, Unternehmen zu retten",
sagte Fuchs am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Mittel des Bundes aus
Steuergeldern könnten nicht zur Verfügung gestellt werden.
Zugleich sagte der CDU-Politiker, dass der Bund den Beschäftigten aber über
die Arbeitsagentur helfen könne, etwa mit dem Insolvenzgeld. Zudem werde
die Agentur sicher bei der Schaffung einer Transfergesellschaft
mitarbeiten, erklärte Fuchs.
## Insovenzverwalter sucht Investoren
Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte, es gehe jetzt vor allem darum, die von
Arbeitslosigkeit bedrohten Schlecker-Beschäftigten aufzufangen, von denen
viele über 50 Jahre alt und einige ohne Ausbildung seien. Die
Transfergesellschaft sei dafür unabdingbar.
Parallel dazu ist Geiwitz auf der Suche nach Investoren für Schlecker. „Ich
habe eine zweistellige Zahl von Interessenten, die auch schon umfangreiche
Unterlagen bekommen haben“, sagte Geiwitz der Zeitung Die Welt. „Die ersten
Gespräche waren gut.“
15 Mar 2012
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