# taz.de -- Industriearchitektur: Eine Insel Mitten in der Stadt | |
> Was wird aus den Fabrikhallen auf der Peute? Während die Port Authority | |
> neue Hallen bauen will, möchte die Kulturbehörde das Ensemble bewahren. | |
Bild: Umkämpft: die Gebäude der ehemaligen "Großeinkaufs-Gesellschaft Deutsc… | |
Der Wind zieht über die Brachfläche, im Bauzaun zittert eine Plastiktüte. | |
Auf einem kleinen Hügel aus Steinschutt ruht ein gelber Raupenbagger, die | |
Schaufel ist auf dem Boden abgestellt. Seine Arbeit ist getan – vorerst. | |
Links von der Baugrube steht, was bald fallen könnte. Massiv, kantig, aber | |
mit Liebe zum Detail, gebaut für die Ewigkeit: Es ist der Rest des | |
imposanten Fabrik- und Lagergebäudes der ehemaligen | |
„Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine“. | |
Seit über einem Dreivierteljahrhundert ist das Backstein-Ensemble zuhause | |
auf der Binneninsel Peute, die als Teil von Wilhelmsburg mitten in der | |
Stadt liegt. Vor zwei Jahre kaufte das Areal die Hamburg Port Authority | |
(HPA), eine stadteigene Institution für die Verwaltung und Entwicklung des | |
Hafens. Ende 2011 ließ die HPA zwei Gebäude abreißen. Seitdem wird um die | |
Nutzung der übrig gebliebenen Backsteingebäude gerungen: Entwicklung der | |
Hafenwirtschaft oder Denkmalschutz und kulturelle Nutzung? | |
Ginge es nach der HPA, dem Eigentümer, wären nach dem Abriss der zwei | |
äußeren Lagerhallen auch die anderen renovierungsbedürftigen Bauwerke dem | |
Erdboden gleichgemacht worden. „Wir haben einen politischen Auftrag“, sagt | |
Andreas Schwertner, Sprecher der HPA, während er durch die weiträumigen | |
Etagen des Hauptgebäudes geht und rostige Bauträger beanstandet. Das | |
Hafenentwicklungs-Konzept sehe eine wirtschaftliche Weiterentwicklung des | |
Areals vor, das die HPA 2010 von einer Immobiliengesellschaft gekauft hat. | |
Geplant sei daher der Bau und die Vermietung moderner Logistikhallen. | |
Noch aber sind um die 45 Unternehmen und Privatpersonen als Mieter auf dem | |
Gelände. Dass die vorerst noch ihren Geschäften nachgehen können, ist | |
möglich geworden durch das Eingreifen der Kulturbehörde. „Anfang Januar | |
wurden die übrig geblieben Gebäude vorläufig unter Denkmalschutz gestellt“, | |
sagt Sprecher Stefan Nowicki. Das Speicher- und Fabrikensemble in der | |
Peutestraße sei ein beeindruckendes Zeugnis der Arbeiter- und | |
Hafengeschichte, lautet die Begründung. Es halte die Geschichte der | |
Consumvereine lebendig und sei ein herausragendes Beispiel der | |
Industriearchitektur der 1920er Jahre. | |
Momentan prüft das Denkmalschutzamt gemeinsam mit der HPA, ob und in | |
welchem Umfang eine Erhaltung der noch bestehenden Bauten möglich ist. Dazu | |
gehören Pförtner- und Haupthaus, Garagenanlagen, Heizwerk und ein großes | |
Hallengebäude am Kanal. | |
Eine konkrete Planung für die Nutzung der Gebäude habe man derzeit nicht, | |
sagt Kulturbehördensprecher Nowicki. Das Hamburgmuseum könnte das ändern. | |
Dort würde man auf der „Peute“ gerne einen Kulturspeicher einziehen sehen. | |
Die Großbauten wären der richtige Ort, sagte die Direktorin des | |
Hamburgmuseum, Lisa Kosok dem Hamburger Abendblatt, um die Exponate der | |
vier stadthistorischen Museen –des Hamburgmuseums, des Altonaer Museums, | |
des Museums der Arbeit und des Helms Museums – in einem Lagerhaus zu | |
zentralisieren. Noch sind diese auf 15 Depots in der ganzen Stadt | |
zerstreut. Der Museumsentwicklungsplan verfolgt die Errichtung eines | |
solchen Speichers seit 2007. Insgesamt 20.000 Quadratmeter Platz bräuchte | |
die Sammlung, das Hauptgebäude wäre passend. | |
Zu hören ist außerdem, dass der Zentralverband deutscher | |
Konsumgenossenschaften darüber nachdenkt, dort ein Genossenschaftsmuseum zu | |
gründen. | |
Erstmal wegziehen von der Peute müssen die aktuellen Mieter. Bis zum Sommer | |
müssen alle ihre Räumlichkeiten verlassen haben. Der Zustand der Objekte | |
entspricht nicht den Brandschutzbestimmungen. Es muss dringend saniert | |
werden. | |
Zumindest die Bewohner des Hauptgebäudes könnten nach den für zwei Jahre | |
angesetzten Renovierungsarbeiten wieder einziehen. Das Hauptgebäude, sagt | |
HPA-Sprecher Schwertner, sei wirtschaftlich sanierbar. „Der Rest eigentlich | |
nicht.“ Für die Mieter in den Nebengebäuden sieht es also schlecht aus. Das | |
gelbe Kettenfahrzeug auf dem Steinschutt könnte bald wieder seine Schaufel | |
anheben. | |
19 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
E. F. Kaeding | |
## TAGS | |
Genossenschaft | |
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