# taz.de -- EU-Minister beraten über den Fischfang: Zu viele Fische im Netz | |
> Die EU-Minister wollen den Anteil von nutzlosem Beifang senken, um die | |
> Tiere zu schützen. Bei manchen Arten werden bis zu 98 Prozent der | |
> gefangenen Tiere zurück ins Meer geworfen. | |
Bild: Der Beifang landet wieder im Meer. | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Fischereiminister wollen den Beifang auf den Schiffen | |
der EU-Flotte verringern. Zudem sollen die Fischer in Entwicklungsländern | |
stärker von der EU unterstützt werden. Das haben die zuständigen Minister | |
bei ihrem Treffen am Dienstag in Brüssel beschlossen. | |
Allerdings hat das Tauziehen um die Reform der EU-Fischereipolitik damit | |
erst begonnen. Bis 2020 soll die EU-Fischerei grundlegend geändert werden. | |
So hat es die Europäische Kommission vorgeschlagen. Seit Monaten ringen nun | |
die Minister der Mitgliedsstaaten um die Ausgestaltung der Reform. | |
Diesmal ging es vor allem um den sogenannten Beifang. Das sind die Tiere, | |
die versehentlich ins Netz gehen, aber nicht verkauft werden können. Bisher | |
werden je nach Art 20 bis 98 Prozent der gefangenen Meerestiere zurück ins | |
Meer gekippt – viele von ihnen tot. Das will die EU-Kommission verbieten. | |
Die Fischereiminister scheinen diesem Vorschlag zu folgen: „Wir haben heute | |
nicht eine Diskussion angefangen darüber, ob wir ein Verbot haben sollten, | |
sondern wie wir es ausgestalten“, sagte die dänische Ministerin Mette | |
Gjerskov, die zurzeit den Vorsitz des Ministerrats innehat. Konkrete | |
Vorschläge aber fehlen. | |
Das macht Umweltorganisationen wie dem WWF Sorgen. Sie befürchten, dass das | |
strikte Verbot aufgeweicht werden könnte. „Es war von flexiblen Lösungen | |
die Rede“, sagt Karoline Schacht, Fischerei-Expertin des WWF in Hamburg. | |
„Vor allem Frankreich und Spanien wollen ein rigoroses Verbot verhindern.“ | |
Es könnte etwa sein, dass der Beifang künftig an Land zu Fischmehl | |
verarbeitet werden darf. Das würde den Unternehmen zusätzlichen Gewinn | |
einbringen. Die EU-Kommission hatte hingegen vorgeschlagen, dass der | |
Beifang künftig auf die Fangquoten der Fischer angerechnet wird – ohne dass | |
er verarbeitet werden darf. Das wäre ein Anreiz, weniger Tiere | |
versehentlich zu fangen. | |
Spanien und Frankreich fordern umfassende Ausnahmeregelungen – etwa für | |
Fischarten, die nach dem Rückwurf im Meer weiterleben können. „Wir haben | |
nichts gegen Ausnahmen, aber wir brauchen zuerst einmal eine ordentliche | |
Grundregel“, sagt Karoline Schacht. | |
Der Beifang ließe sich bei einigen Arten schon mit neuen Netzen vermeiden, | |
sagt Schacht. „Kabeljau versucht, nach unten aus dem Netz zu entkommen. Der | |
Schellfisch schwimmt in die entgegengesetzte Richtung. Mit einer | |
horizontalen Barriere kann man die Fische teilen und getrennt aus dem | |
Wasser ziehen.“ | |
Während sie beim Beifang noch vage blieben, beschlossen die Minister | |
bereits klare Regeln für die Fischerei außerhalb der Europäischen Union. | |
Diese wird bisher vor allem über Abkommen mit den betroffenen Ländern | |
geregelt. | |
Darin wird etwa festgelegt, wie viel ein europäisches Fischereiunternehmen | |
sowie dessen Heimatstaat für die Fischerei in „fremden“ Gewässern zahlen | |
müssen. Bisher werden 25 Prozent der staatlichen Gebühren zum Aufbau der | |
lokalen Fischerei in den Entwicklungsländern verwendet. | |
Künftig soll stattdessen ein Betrag fixiert werden – unabhängig von der | |
Höhe der Gebühren. „Das ist ein Fortschritt. Allerdings sollten die | |
Gebühren vollständig von den Fischereiunternehmen gezahlt werden und nicht | |
von den europäischen Steuerzahlern“, bemängelt Francisco Mari vom | |
Evangelischen Entwicklungsdienst. | |
20 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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Fischerei | |
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