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# taz.de -- Berliner Streit ums BMW Guggenheim Lab: Kreuzberg – kaum zu kalku…
> Klaus Wowereit will das umstrittene BMW Guggenheim Lab nach Berlin holen.
> Ein Hauch von Lower East Side in der Stadt oder nur kalkulierte
> Markenpolitik?
Bild: Das Projekt Guggenheim Lab wurde jedoch aus Sorge vor linker Gewalt abges…
Heulen da die Sirenen der Provinzpolizei? Seit die Guggenheim Foundation am
vergangenen Montag bekannt gegeben hat, aufgrund angeblicher Protest- und
Gewaltandrohungen auf die Einrichtung des BMW Guggenheim Labs in Kreuzberg
verzichten zu wollen, fragen sich besorgte Beobachter, ob das nicht doch
einen heftigen Rückschlag für Berlins weltmetropole Ambitionen darstellt.
Was aber will dieses „mobile Laboratorium“ eigentlich? Wie sieht es aus,
wie operiert es, wenn es seine Zelte erst mal zur Zwischennutzung
aufgeschlagen hat? Hier lohnt ein Rückblick nach New York. Berlin-Kreuzberg
sollte die zweite Station einer neun Städte umfassenden Welttournee werden.
Begonnen hatte die nomadische Einrichtung letzten August auf der Freifläche
eines abgerissenen Mietshauses an der Grenze zwischen Lower East Side, dem
Kreuzberg New Yorks, und East Village. Von der Frontseite lärmte die
Houston Street, auf der Rückseite ging es schon arrivierter zu. Man ist
hier praktischerweise nur wenige Schritte von Sophia Coppolas erklärtem
Lieblingsrestaurant „Prune“ entfernt, dessen Sterneküchen-Chefin Gabrielle
Hamilton auch gleich als Kollegiatin ins Labor eintrat.
Bereits die erste standortpolitische Entscheidung des Projekts verriet,
dass es hier entgegen aller Rhetorik natürlich nicht um einen Beitrag zu
einer basisdemokratischen Community-Kultur geht, sondern um kalkulierte
Markenpolitik, die auf globale Sichtbarkeit aus ist. Das Guggenheim Museum
will kein schwerfälliger Kunsttanker sein und dockt deshalb bei den hippen
Urban Studies an.
## Die Klassensprache des Mietspiegels
BMW weiß schon länger nicht mehr, wohin mit dem ganzen Profit, und sponsert
zunehmend gießkannenartig so ziemlich alles, was vermeintlich aufgeklärte
Zeitgeistnähe verspricht und mit kritischen Begriffsapparaten wie „green
economy“ oder „sustainability“ hantiert. Da ist jener Teil der Kunstwelt
logischerweise nicht weit, der sich mit diesen Fragen ebenfalls primär aus
Distinktionsgründen befasst.
Die Gegend unmittelbar an der Houston Street bildete zu dem veranstalteten
Diskursrauschen eine ideale Kulisse: Es sieht zwar an manchen Ecken der
Lower East Side noch relativ rough aus; der Mietspiegel spricht aber längst
eine unmissverständliche Klassensprache.
Der „Dialog“ mit dem Ort begrenzte sich bei der ersten Station des
Guggenheim Labs weitestgehend auf Pressemitteilungen. De facto wurde vor
allem ein ehrgeizig von oben kuratiertes Vortrags- und
Präsentationsprogramm durchgezogen, gespickt mit Diskurs-Stars wie Saskia
Sassen oder David Simon („The Wire“), dem die Absurdität seiner
Sprecherposition immerhin noch so bewusst war, dass er seinen
Levitenleserauftritt („Manhattan ist not America“) durch ortskundige
Bemerkungen zum traditionsreichen Delikatessengeschäft „Russ & Daughters“
würzte.
## Kein öffentliches Forum
Natürlich können im Rahmen eines finanziell derart komfortabel
ausgestatteten Projekts prinzipiell kluge Leute auftreten und interessante
Veranstaltungen stattfinden. Der Grundwiderspruch ist dennoch kaum zu
übersehen, wenn eine selbsternannte „Denkschmiede“ vor allem der
Trademarkpflege zweier Global Player dient und dafür ein ursprünglich
kritisch auf Gegenwart anwendbares Vokabular geplündert wird.
Ein öffentliches Forum, das Teilhabe ermöglicht, war das Lab in der Lower
East Side jedenfalls nicht. Wie auch: Die örtlichen
Gentrifzierungsverlierer sind hier schon vor Jahren nach Queens, in die
letzten Winkel Brooklyns oder gleich Richtung Upstate gezogen.
Kreuzberg ist da aus Sicht des Veranstalters vielleicht wirklich deutlich
weniger zu kalkulieren, wenngleich die Kulisse hier Bilder fürs
BMW-Marketingportfolio ergeben hätte, die an die Lower East Side erinnern.
Wie man hört, rollt Klaus Wowereit den „roten Teppich“ jetzt im
gegenkulturbefreiten Pfefferberg aus. Das Lab wird sich fühlen, als sei es
versehentlich an die Upper East Side umgezogen.
21 Mar 2012
## AUTOREN
Simon Rothöler
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