# taz.de -- Frauenpolitik der FDP: Wenn zum Frauentag ein Mann spricht | |
> Es gibt Frauenpolitik in der FDP, doch sie kommt schon in der eigenen | |
> Partei nicht an. Am Wochenende entscheiden liberale Frauen, ob sie | |
> offensiver auftreten. | |
Bild: Trotz Blumen auf dem Wahlplakat: Die Frauen laufen an der FDP einfach vor… | |
BERLIN taz | „Ich bekenne mich als überzeugter Anhänger von Frauen“, sagt | |
Fraktionschef Rainer Brüderle. Und lacht. Wir schreiben das Jahr 2012. Die | |
FDP, eine Partei mit nur 23 Prozent weiblichen Mitgliedern, liegt in den | |
Umfragen bei 3 Prozent. | |
In den nächsten Wochen muss sie um ihren Wiedereinzug in drei Landtage | |
bangen. Da läge es nahe, Wählerinnen zu bewegen, ihr Kreuzchen bei der FDP | |
zu machen. Aber, man hört es aus Brüderles Herrenwitz, so weit ist die | |
Partei nicht. | |
Dabei gibt es seit 22 Jahren eine frauenpolitische Organisation: die | |
Liberalen Frauen mit ihren eintausend Mitgliedern. An diesem Sonntag wählen | |
sie in Stuttgart ihren neuen Vorstand. Dann kandidieren wohl mindestens | |
zwei Frauen für den Posten der Vorsitzenden: Amtsinhaberin Doris Buchholz | |
und die Bundestagsabgeordnete Helga Daub. | |
Buchholz, 52 Jahre alte Anwältin aus dem Saarland, pflegt einen robusten | |
Kommunikationsstil. „Die meisten Funktionsträger sind nur über Quoten in | |
ihre Positionen gekommen“, sagte sie kürzlich der taz, das wolle natürlich | |
keiner zugeben. | |
## „Im Umgangston einen anderen Ansatz“ | |
Helga Daub agiert vorsichtiger. „Man sieht ja, es läuft nicht richtig“, | |
sagt die 69-Jährige. „Die Liberalen Frauen sind eine Vorfeldorganisation, | |
kein Kampfverband gegen die eigene Partei.“ Sie habe „im Umgangston einen | |
anderen Ansatz“ als Buchholz. Inhaltlich sind die beiden gar nicht so weit | |
voneinander entfernt. Daub ist wie Buchholz für Frauenquoten, sowohl in der | |
Partei als auch in der Wirtschaft. Die Liberalen Frauen müssen am Sonntag | |
auskegeln, wie sie ihre Anliegen künftig kommunzieren: auf die | |
Buchholz’sche oder auf die Daub’sche Art. | |
Bisher hat die Parteiführung ihre Forderungen offensiv ignoriert. Vor | |
anderthalb Jahren etwa baten sie den Bundesvorstand zu klären, wie der 2006 | |
gefasste Beschluss, 30 Prozent aller Gremienposten Frauen zu geben, | |
erreicht werden soll. Die Antwort steht noch aus. Zum diesjährigen | |
Frauentag gar schrieb die frauenpolitische Sprecherin der | |
Bundestagsfraktion einen Brief an CDU-Familienministerin Kristina Schröder: | |
die FDP lehne jede Art von Quote ab, selbst die windelweiche „Flexi-Quote“, | |
die Schröder vorschlägt. | |
Auf Unterstützung von oben – so viel ist klar – brauchen die Liberalen | |
Frauen nicht zu hoffen. Um die Unterstützung der Basis müssen sie stärker | |
werben. Bisher finden sie keinen Anklang bei jungen Frauen wie zum Beispiel | |
Marcella Matthes. | |
## Leistung statt Quote | |
Die 28 Jahre alte Vize-Kreischefin aus dem hessischen Groß-Gerau gilt in | |
der FDP als One-Woman-Show. Wann immer auf Parteitagen Liberale die | |
30-prozentige Frauenquote einfordern, meldet sich Matthes zu Wort. „Quoten | |
jeglicher Art sind Diskriminierung“, ruft sie dann in den Saal. Alles, was | |
zähle, um aufzusteigen, sei Leistung. „Die haben keine Berechtigung, für | |
mich zu sprechen“, sagt sie über die Liberalen Frauen, „deren Auftreten und | |
Forderungen sind nicht mit meinem liberalen Verständnis vereinbar.“ | |
Sie findet es einfach „frech“, sagt Matthes, wenn ihr bei | |
Parteiveranstaltungen eine von den Liberalen Frauen sagt: Wir reden in 25 | |
Jahren noch mal über die Quote. „Was soll mir das sagen?“, echauffiert sich | |
Matthes, „die hat es als Frau in der FDP nicht geschafft – und deshalb | |
schaffe ich es auch nicht?“ | |
Die als Boygroup-Partei in Verruf geratene FDP hat es in knapp fünf | |
Jahrzehnten Regierungsbeteiligung auf exakt zwei Bundesministerinnen | |
gebracht: Irmgard Schwaetzer, die in den Neunzigerjahren das Bauressort | |
leitete, und die aktuelle Justizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger. Frauen wie Cornelia Pieper oder Silvana | |
Koch-Mehrin werden Krisen geopfert, Newcomerinnen wie die Hamburgerin Katja | |
Suding gelten vielen lediglich als Zeigefrauen. Ansonsten begründet man das | |
Fehlen weiblicher Führungskräfte mit der Illiberalität von Quoten und hievt | |
munter weiter Männer auf die Posten. | |
Patrick Döring, designierter Generalsekretär, widerspricht: Die Liberalen | |
versuchten sehr wohl, Frauen den Sprung in die Gremien einfacher zu machen. | |
Aber: „Ich halte nichts davon, dass nur Frauen Frauenpolitik machen.“ Auch | |
deshalb, so Döring, „habe ich bewusst – übrigens als einziger Mann – im | |
Deutschen Bundestag zum Weltfrauentag gesprochen“. Die bessere | |
Frauenpolitik – folgt man Döring – glauben bei den Liberalen die Männer zu | |
machen. | |
24 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Feministischer Kampftag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
FDP kippt Kristina Schröders Projekt: Keine Flexi-Quote vor der Wahl | |
Die FDP bleibt stur und Kristina Schröder fügt sich: Ihre „Flexi-Quote“ f… | |
Unternehmen wird es in dieser Legislaturperiode nicht geben. Darüber ist | |
keiner enttäuscht. | |
Quote am Bundesgerichtshof: Frauenschwund am Richtertisch | |
Nur eine ist übrig: 17 Senate am Bundegerichtshof, aber nur einer wird von | |
einer Frau geleitet. Der Deutsche Juristinnenbund fordert daher eine Quote | |
für BGH-Richterinnen. | |
Bundesfamilienministerin: Kommt die Quote, geht Schröder | |
CDU-Politikerin Kristina Schröder ist gegen eine starre gesetzliche | |
Frauenquote und knüpft ihr politisches Schicksal daran, sich in dieser | |
Frage zu behaupten. | |
Auswärtiges Amt warnt vor Problemen: Wettbewerbsvorteil Frauenquote | |
Die fehlende Frauenquote kann offenbar zum Problem für die deutsche | |
Wirtschaft werden. Firmen könnten bald Aufträge aus dem EU-Ausland | |
verlieren. | |
Frauenquote im Journalismus: Wie ein Möbelstück | |
Für mehr weibliche Chefs organisiert sich die Initiative „Pro Quote“ nun | |
als Verein. In einigen Medien herrsche immer noch ein „Klima der Angst“, so | |
die Initatorinnen. | |
Konkurrenzfähigkeit im Ausland: Fehlende Quote schadet Unternehmen | |
Spanien schreibt einen Frauenanteil in Top-Positionen von 40 Prozent bis | |
2015 vor. Deutsche Firmen ohne Quote werden bei Ausschreibungen chancenlos | |
sein – fürchtet das Auswärtige Amt. | |
FDP-Frau über Frauen in der FDP: "Die Quote ist beerdigt" | |
Die FDP ist die einzige Partei im Bundestag ohne Frauenquote. Lange kann | |
sie ihre Ablehnung nicht mehr aufrechterhalten, meint die Vorsitzende der | |
Liberalen Frauen. | |
FDP-Politikerin für die Frauenquote: Wenn Kinder politisch machen | |
FDP-Politikerin Sybille Laurischk fühlte sich unter Männern akzeptiert. | |
Erst als sie Kinder bekam, spürte sie die gläserne Decke und wurde | |
"politisch wach". | |
FDP im Saarland: Zur Quotenfrau gemacht | |
Nathalie Zimmer, eine Liberale, die mal wieder keiner kennt, soll nun die | |
Saar-FDP retten. Bisher hat sie im Ortsverband Güdingen für zwei neue | |
Bushaltestellen gesorgt. | |
Ehemalige FDP-Frau Brigitte Pöpel: Dame ohne Seilschaft | |
Die FDP verliert eine ihrer wenigen weiblichen Aktiven: Brigitte Pöpel | |
verlässt die Partei. Ihr Vorwurf: Mobbing. Jetzt möchte sie im | |
Stadtparlament als Parteilose bleben. |