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# taz.de -- Kommentar Cnetz: Die Rückkehr der Internetausdrucker
> Die Mitglieder des Cnetz sind netzverständiger als es sich manch
> ultraliberaler Netzaktivist wünscht. Aber sie schaffen einen
> Ausgangspunkt für einen Dialog.
Bild: Das Bundesamt für Materialprüfung hat den Bundestrojaner auf Herz und N…
Die Welt war schon immer hübsch überschaubar, wenn man sie einfach in
schwarz und weiß eingeteilt hat. Und wie schön einfach hat es die Union den
klassischen Netzaktivisten gemacht, wenn ihr Bundestagsabgeordneter Ansgar
Heveling der „Netzgemeinde“ den Krieg erklärte, wenn die Union für
Vorratsdatenspeicherung, für Bundestrojaner, für Netzsperren eintrat –
nichts war einfacher, sie als beknackte Internetausdrucker, als
Nichtversteher, als Ewig-Gestrige zu labeln. Als dunkle Seite der Macht,
die es zu bekämpfen gab.
Doch je zentraler das Internet für unsere Gesellschaft wird, je
erfolgreicher auf netzpolitische Probleme aufmerksam gemacht wird, desto
weniger ist man als Netznutzer unter sich – unter Linken und Liberalen. Im
Jahr drei nach Ursula von der Leyens Idee, Sperrlisten für Internet-Seiten
zu installieren, hat auch die Union dazugelernt. Oder zumindest Teile von
ihr.
Einzelne Politiker, darunter auch die Internet-Enquete-Mitglieder Thomas
Jarzombek oder Peter Tauber, sind internetverständiger als viele ihrer
älteren Parteikollegen. Verständiger, als so mancher Netzaktivist, der
stramm für ultraliberales Urheberrecht, gegen Vorratsdatenspeicherung und
für Netzneutralität eintritt, es sich wünschen kann. Und darum ist es auch
nur konsequent, wenn Jarzombek und Tauber nun einen Verein gegründet haben,
in dem aus bürgerlicher Sicht über Netzpolitik diskutieren soll – das
sogenannte Cnetz.
Auf dem gerne als netzpolitischer Pöbelplattform genutzten
Mikroblogging-Dienst Twitter war die Häme auf die Cnetz-Gründung gestern
groß. Haha, CDU und Netzpolitik, ein billiger Versuch, auf die Erfolge der
Piratenpartei einzugehen, das kann ja heiter werden, bei deren
netzpolitischer Holzkopfmentalität und so weiter und so weiter.
Abwehrreflexe einer digitalen Gemeinschaft, die sich irgendwie diffus nicht
nur im Netz zu Hause fühlt, sondern auch in dem Eindruck lebt, dort das
alleinige Hausrecht zu haben.
## Suchen nach einer konstruktiven Lösung
Tatsächlich würde es für sie ja auch ungemütlich werden, wenn es der Union
gelänge, tatsächlich Vorschläge für eine Netzpolitik zu machen, die nicht
so kenntnisbefreit sind wie viele derzeit – aber trotzdem erzkonservativ –
oder, wie das Cnetz es in seiner Selbstdarstellung immer wieder wiederholt
„bürgerlich“.
Gerade der aktuelle Diskurs über das Urheberrecht zeigt, wie dringend es
nötig ist, nicht immer nur die eigene Position zu verkünden und alle, die
sie nicht teilen, als Idioten zu diffamieren. Denn das ist nicht nur sehr
bequem – sondern bringt den Dialog, das Suchen nach einer konstruktiven
Lösung, kein Stück weiter. Und das ist angesichts der wichtigen
Entscheidungen, die zu drängenden netzpolitischen Fragen anstehen, ziemlich
pubertär.
Die Erfolge der Piratenpartei, das stimmt, haben den Druck auf die
klassischen Parteien erhöht, sich mit Netzpolitik ernsthaft zu
beschäftigen. Tatsächlich ist diese Notwendigkeit aber schon sehr viel
älter als Piraten – ihre derzeitige Popularität hat den Denkprozess der
klassischen Parteien höchstens beschleunigt.
Man sollte weder Hoffnung noch Erwartungen an den Verein Cnetz zu hoch
schrauben. Die SPD zeigt mit ihrem netzpolitischen Verein D64 schon seit
einiger Zeit, wie gut eine Partei darin sein kann, das zu ignorieren, was
Experten und Netzpolitiker in einem solchen Forum diskutieren. Und der
Verein Digitale Gesellschaft, den Markus Beckedahl mit ein paar Handvoll
Mitstreitern vor einem Jahr gründete, zeigt, wie schwierig es selbst mit
netzlibertären Positionen ist, das Plazet derer zu bekommen, die so oft und
gerne als „Netzgemeinde“ beschrieben werden.
Es ist gut möglich, dass der Verein um Jarzombek und Tauber Positionen
auswirft, die diese netzpolitisch interessierten Nutzer noch viel mehr
hassen werden – schon allein weil ihre Ankündigungen, Freiheit im Netz sei
kein Selbstzweck und Netzpolitik brauche „Maß und Mitte“, nicht nur gutes
Erwarten lassen.
Aber zumindest schafft man im besten Fall einen Ausgangspunkt für einen
Dialog. Eine Basis, auf der nicht nur Gut gegen Böse, Schwarz gegen Weiß,
Internetausdrucker gegen digitale Besserwisser steht – sondern auf der man
um politische Entscheidungen ringen kann. Auch wenn man vielleicht nicht
immer mit seiner Maximalposition durchkommt.
3 Apr 2012
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
Polizei
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