# taz.de -- Diskussion um Tanzverbot: Bitte nicht am Karfreitag! | |
> In mehreren Bundesländern herrscht am Karfreitag Tanzverbot. Befürworter | |
> verteidigen die gesetzliche Auszeit. Kritiker wollen demonstrieren – | |
> tanzend. | |
Bild: Der Gesetzgeber findet Tanzen an Ostern nicht lustig. | |
BERLIN taz | Darf am Karfreitag, wenn ChristInnen der Kreuzigung Jesu | |
Christi gedenken, getanzt werden? Nein, sagt das Gesetz in vielen deutschen | |
Bundesländern. Nun beschäftigt diese Frage auch die Fraktionen der | |
Landesregierungen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und | |
Hessen. | |
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungsgericht Gießen | |
entschieden am Abend, dass nicht gegen das Tanzverbot demonstriert werden | |
darf. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frankfurt steht noch aus. | |
Die Linke, die Piraten und die Grünen finden das Verbot unzeitgemäß. | |
„Möglicherweise verfassungswidrig“ nannte der Abgeordnete Hans-Henning | |
Adler von der Linkspartei in Niedersachsen das Tanzverbot. | |
Das Gesetz in Niedersachsen besagt, dass von Gründonnerstag ab 5 Uhr | |
morgens bis zum Karsamstag um Mitternacht nicht getanzt werden darf. Vor | |
allem der Betrieb von Diskotheken wird durch das Gesetz eingeschränkt. | |
Die Linkspartei, die Piraten und die Grünen wollen das Verbot abschaffen. | |
„Das Gesetz zwingt allen Bürgern ein religiöses Verhalten auf“, meint | |
Adler. In Schleswig-Holstein unterstützt die FDP die Forderung nach der | |
Abschaffung. | |
## Gemeinsame Auszeit für die Gesellschaft | |
Die CDU hält die Diskussion für „überflüssig“. Die niedersächsische | |
Abgeordnete Dorothea Prüssner sagte: „Wir sollten diesen Tag nutzen, um uns | |
an den Ursprung des christlichen Glaubens zurückzuerinnern.“ Der Karfreitag | |
gebe den Menschen die Ruhe, Bilanz für das eigene Leben zu ziehen, so | |
Prüssner. | |
Auch die evangelische Kirche verteidigt den Karfreitag als stillen Freitag. | |
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus | |
Schneider, sagte dem Hessischen Rundfunk: „Das sind Zeichen, die ganz gut | |
tun. Ich bin dafür, dass dieser Tag als Tag der Ruhe und der inneren | |
Einkehr geschützt bleibt.“ | |
Kritiker wollen gegen das Verbot demonstrieren, und zwar tanzend. Am | |
Karfreitag soll es mehrere Demonstrationen gegen das Verbot geben. Die | |
Piraten und die Grüne Jugend Göttingen haben für Karfreitag zu einer Demo | |
gegen das Tanzverbot in Hannover aufgerufen. | |
## „Kopfhörerdisko“ gegen die Ruheverordnung | |
Falls wegen eines Verbotes von lauter Musik kein Lautsprecherwagen zum | |
Einsatz kommen darf, wollen die Veranstalter eine „Kopfhörerdisko“ | |
veranstalten. Dabei bekommen alle Teilnehmer einen Kopfhörer mit Musik, zu | |
der sie tanzen können, ohne dass Außenstehende die Musik hören. | |
Auch in Hessen und Nordrhein-Westfalen soll gegen das Tanzverbot | |
protestiert werden. Die Piratenpartei in Frankfurt und Gießen hat zu | |
Flashmobs aufgerufen. Das Regierungspräsidium Gießen und die Stadt | |
Frankfurt am Main haben die Tanz-Demonstrationen allerdings verboten. | |
In Wiesbaden darf die Grüne Jugend gegen das Verbot demonstrieren, | |
allerdings ohne zu tanzen. In Köln wurde dazu aufgerufen, mit MP3-Playern | |
oder Kofferradio zum Dom zu kommen. | |
## In den Stadtstaaten darf getanzt werden | |
Für die Regelungen zu den Feiertagen sind, mit Ausnahme des Tags der | |
deutschen Einheit am 3. Oktober, die einzelnen Bundesländer zuständig. | |
Tanzverbote gibt es in der ganzen Bundesrepublik an mehreren Feiertagen, | |
besonders aber am Karfreitag. Die meisten Tanzverbote existieren in | |
Baden-Württemberg. | |
Nur Berlin, Bremen und Hamburg haben am Karfreitag kein ganztägiges | |
Tanzverbot. Dort sind jeweils Zeiträume festgelegt, in denen öffentliche | |
Tanzveranstaltungen verboten werden können. | |
5 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Josta van Bocksmeer | |
## TAGS | |
Feiertage | |
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