# taz.de -- Die Genossenschaft der taz: Mit solidarischem Idealismus | |
> Ein Kollektiv, so zerstritten es auch ist, kann sich nicht einem | |
> Einzelnen überantworten, wenn es seine Kraft behalten will. Über die | |
> taz-Genossenschaft. | |
Bild: Elke Schmitter, von 1989 bis 1994 bei der taz, war 1991 als Mitglied des … | |
Das ist vielleicht der größte Vorteil des Älterwerdens, dass man ein | |
liberales Verhältnis zu den eigenen Fehlern bekommt. Es werden auch immer | |
mehr. Nicht weil man selbst mehr machen würde als früher in | |
durchschnittlich einer Woche (jedenfalls hoffe ich das), sondern eher weil | |
man, wenn man sich mit der Vergan- genheit befasst, die eigenen | |
Beschränkungen besser sieht. (Die der anderen meint man ja immer schon in | |
der Gegenwart zu sehen.) | |
Als ich am 1. Oktober 1989 meinen Redaktionsdienst in der Kulturredaktion | |
der taz antrat, lief die Weltgeschichte gerade auf Hochtouren, was zu | |
meiner Verfassung gut passte: Mit 28 Jahren hält man es für angemessen, | |
dass kein Stein ungeprüft auf dem anderen bleibt. | |
Was ich lange übersah, weil es nicht zu meiner Verfassung passte: Ein | |
zunehmend erbittert geführter Konflikt spaltete die taz, dieses streitbare, | |
bedeutsame und lustige – also schon damals legendäre – Kollektiv in zwei | |
Lager. Dieser Riss war tiefer als der Andreasgraben. Nach Jahren, in denen | |
Projektionen und Entwürfe debattiert und hin und her geschleudert wurden, | |
in denen sich zwei mögliche Identitäten der taz kristallisierten, brach der | |
Konflikt im Herbst 1991 offen aus. | |
Variante 1: Die taz wird „professionell“, streift ihre Sponti-Vergangenheit | |
ab, erscheint in einem „richtigen“ Verlag. Alle werden ordentlich bezahlt, | |
die erschöpfende Radikaldemokratie findet ein Ende, wir erreichen endlich | |
eine große Leserschaft und werden bedeutend. | |
Variante 2: Die taz bleibt alternativ und graswurzelmäßig verfasst, passt | |
sich nix und niemandem an und zieht sich mit einer zu gründenden | |
Genossenschaft selbst an den Haaren aus dem Sumpf. Soweit ich weiß, hat es | |
den Investor, von dem die erste Gruppe träumte, niemals real gegeben. | |
Es wurden Gespräche geführt – bei manchen war ich dabei –, doch am Ende g… | |
es niemanden, der diesem Verein aus Überlebenskünstlern die nötigen | |
Millionen anvertrauen wollte, um sich zu erneuern und dabei irgendwie mit | |
sich identisch zu bleiben. Im Rückblick glaube ich, dass das in der Natur | |
der Sache lag. | |
Ein Kollektiv, so zerstritten es auch ist, kann sich nicht einem Einzelnen | |
überantworten, wenn es seine Kraft behalten will. Stattdessen hat die taz | |
ein neues Kollektiv kreiert, das aus Einzelnen besteht, die mit ihrem | |
solidarischen Idealismus eine Tageszeitung finanzieren, die sie informiert, | |
erfreut, beleidigt, belebt. | |
Hätte damals jemand vorher gesagt, dass es 20 Jahre später eine | |
Genossenschaft mit mehr als 11.600 Mitgliedern gibt – ich weiß nicht, ob | |
ich das hätte glauben können. Andererseits reicht es ja auch, sich mit | |
Versäumnissen zu beschäftigen, die es wirklich gab. Und sich darüber zu | |
freuen, dass die Zukunft auch schöner sein kann, als man es für möglich | |
hält. | |
12 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Elke Schmitter | |
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