# taz.de -- Berichterstattung über US-Wahlen: Transatlantisch sein ist schön … | |
> Deutsche Medien berichten derzeit überproportional viel über den | |
> US-Vorwahlkampf. Andere Wahlen erfahren nicht annähernd so viel | |
> Aufmerksamkeit. | |
Bild: Hauptsache dabei sein: Medienvertreter beim US-Vorwahlkampf in Chicago. | |
Rick Santorum hat den Vorwahlkampf der Republikaner am vergangenen Dienstag | |
vorzeitig beendet. Nach dem Rückzug des erzkonservativen Christen wird wohl | |
Mitt Romney im Herbst gegen US-Präsident Barack Obama antreten: | |
„Santorum macht den Weg frei“, titelte Spiegel Online bereits wenige | |
Minuten später und Bild schrieb: „Die Schlacht ums Weiße Haus kann | |
beginnen“. Die deutschen Medien verkauften die Meldung als breaking news. | |
Dabei waren sich die Beobachter seit Wochen einig, dass ohnehin nur Romney | |
eine realistische Chance gegen Obama hätte. | |
Der Rückzug Santorums dürfte nicht nur bei den Republikanern für | |
Erleichterung sorgen – auch auf den Auslandsseiten der deutschen | |
Tageszeitungen und in Nachrichtensendungen der Fernsehanstalten sollte | |
jetzt wieder Platz sein für jene Themen, die seit September 2011 den | |
Primaries weichen mussten: Fast täglich wurde im vergangenen halben Jahr | |
jeder noch so aussichtslose Kandidat porträtiert, wurden abwegigste | |
Wahlkampfversprechen seziert und die Wahlergebnisse kleinster Bundesstaaten | |
bis zur letzten Stimme analysiert – ob in North Dakota, Oklahoma oder | |
Maine. | |
## Nur Reproduktion statt Analyse | |
„Die Gewichtung stimmt nicht mehr“, sagt Marcel Machill, Professor für | |
Journalistik an der Universität Leipzig. „Viele Medien reproduzieren zu | |
stark, anstatt zu analysieren, und nehmen Veränderungen in der Weltpolitik | |
durch einen selbst angelegten Filter wahr.“ Weder die | |
Präsidentschaftswahlen in Russland, die Parlamentswahlen Anfang März im | |
Iran noch die im Herbst anstehende Regierungsumbildung in China haben oder | |
werden annähernd so viel Aufmerksamkeit erfahren. | |
Eine vom Autor dieses Textes erstellte Analyse der Artikel und TV-Minuten | |
verdeutlicht das: So veröffentlichte die FAZ seit vergangenem September zu | |
den US-Vorwahlen mehr als zwei Dutzend ausführliche Artikel. | |
Mit den russischen Präsidentschaftswahlen befassten sich im gleichen | |
Zeitraum nicht einmal zehn längere Beiträge. Ähnlich ist das Verhältnis in | |
der Süddeutschen Zeitung, dem Spiegel und auch in der taz. Bei den | |
TV-Sendern sieht es kaum anders aus. Auf einen Bericht zu den Wahlen im | |
Iran, in China oder Russland folgten vier zu den Primaries. | |
„Das Festhalten an bewährten Themen deutet auch darauf hin, dass es den | |
Medien schwer fällt, mit dem weltpolitischen Wandel mitzuhalten“, sagt Ulla | |
Jasper, Politikwissenschaftlerin am Center for Security Studies in Zürich. | |
Während die amerikanische Regierung schon seit Jahren regelmäßig darauf | |
hinweist, dass sie ihre Aufmerksamkeit nach Asien verlagert, bleibe die | |
politische Wahrnehmung hierzulande „auf eine naive und bequeme Art | |
transatlantisch“, sagt sie. | |
## Über Nichtdemokratien zu berichten, ist schwer | |
Der Mangel an demokratisch legitimierten Strukturen und das Fehlen eines | |
tatsächlichen Wahlkampfes in Nichtdemokratien wie Russland, China oder Iran | |
macht es zusätzlich schwer, politische Prozesse journalistisch zu | |
begleiten. „In Frankreich oder den USA sind die politischen Strukturen | |
vertraut, der Wahlkampf erfolgt entlang bekannter Muster und Gräben. In den | |
sogenannten Schwellenländern oder „rising powers“ wirken die Akteure und | |
Strukturen dagegen oft fremd und kompliziert“, sagt Jasper. | |
Weil das Politiksystem der USA allgemein als leicht durchschaubar gelte, | |
entstehe schnell der Eindruck: „Alles ist relevant, worüber dort berichtet | |
wird“, glaubt Medienwissenschaftler Marcel Machill. „Außerdem schreiben | |
Journalisten gerne voneinander ab.“ Die elektronischen Medien verstärkten | |
das noch. | |
Am 24. April sind unter anderem die Bürger in Santorums Heimat Pennsylvania | |
und in New York aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben. Neben Romney treten | |
weiterhin Newt Gingrich und Ron Paul an – ohne Aussicht auf Erfolg. Viele | |
Medien wird das vermutlich nicht stören. | |
13 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Holger Pauler | |
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