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# taz.de -- Tempelhofer Feld: Schafe neben der Startbahn
> Ein neuer Info-Pavillon soll Besucher über die künftige Parkgestaltung
> informieren. Die Landschaftsplaner versprechen, Historie und Gegenwart zu
> vereinen.
Bild: Mitglieder einer Bürgerinitiative vor dem Info-Pavillon.
Das Paar in den Vierzigern steht vor dem Schild für Besucherführungen. Sie
zieht energisch an seinem Arm und sagt mit sächsischem Dialekt: „Komm,
Geschichtsspuren sind immer gut, das kann nicht schaden!“ Dann verschwinden
die beiden im Informations-Pavillon, der kurz zuvor am Rande des
Tempelhofer Feldes eröffnet hat. Der rund 15 Meter lange Holzriegel soll
BesucherInnen auf den aktuellen Stand der Parkplanung bringen.
## Wasserbecken mit Wald
Im Pavillon nahe des Parkeingangs am Columbiadamm ist es eng. Die Gäste
wandern von einer großformatigen Fotomontage zur nächsten. Das schottische
Planungsbüro Gross.Max hatte sich im vergangenen Jahr mit seinem Entwurf
zur künftigen Parklandschaft durchgesetzt. Die am Computer
zusammengesetzten Aufnahmen sollen nun einen besseren Ausblick auf die
Zukunft geben: der stillgelegte Flughafen aus der Luft mit Wasserbecken und
kleinem Wald.
Auf einem anderen Entwurf spazieren Familien über Fußgängerstege durch die
Wiesen am Alten Hafen. „Sie können hier den nagelneuen Stand der
Parkplanung sehen“, sagt der Parkmanager des Areals, Michael Krebs von der
Grün Berlin GmbH. Derzeit befinde sich der Park in der zweiten von
insgesamt neun Phasen, der Vorplanung. Bis 2016 soll ein Großteil der
landschaftsarchitektonischen Baumaßnahmen umgesetzt sein, „damit wir hier
2017 eine ordentliche Internationale Gartenausstellung durchführen können“,
sagt Krebs. Der Pavillon biete Interessierten ein wetterfestes
Informationsangebot, das ausgeweitet werden soll.
Martina Dillenburger ist nach ihrem kleinen Rundgang durch den Pavillon
unzufrieden. „Das, was da ausgestellt wird, ist doch nichts neues“, findet
die Besucherin. Die Textpassagen zu den künftigen Bebauungen am Rande des
Geländes hält sie für Schönfärberei. „Ich glaube nicht, dass sich die
Anwohner über neue Wohngebiete freuen können, sondern dass vielmehr
steigende Mieten auf sie zukommen“. Mit Blick auf die hier in der NS-Zeit
angesiedelten Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager findet Dillenburger
zudem den Begriff „Tempelhofer Freiheit“ problematisch, der auf den
Schautafeln verwendet wird. Dann steigt sie auf ihr Fahrrad, um schnell
noch zu einer der zahlreichen Führungen zu gelangen, die am Eröffnungstag
angeboten werden.
Sie haben unterschiedliche Schwerpunkte, informieren über Projekte der
Zwischennutzung, geschichtliche Spuren, Arten- und Naturschutz.
Auch die Landschaftsplaner vom Büro Gross.Max sind aus Großbritannien
angereist. Rund 15 Leute gehen mit auf den Rundgang zur künftigen
Parkgestaltung. Der Niederländer Eelco Hooftman erklärt, dass sich sein
Büro auf die Planung des Parks vor und nach der Gartenausstellung 2017
konzentriere. „Der Erfolg des Konzepts hängt von der Integration des
riesigen Flughafengebäudes ab.“ Nach den Plänen des Büros wird dessen
halbrunde Form in einem riesigen Bogen in das Gelände getragen.
Sein deutscher Kollege Daniel Reiser betont, dass die Planung sowohl die
Interessen von Naturschutz als auch die der ParkbesucherInnen
zusammenzubringen müsse. Die Wiesen auf dem Areal sollen erhalten bleiben.
Möglicherweise wird es dort eine Beweidung durch Schafe geben, Gespräche
mit Naturschützern gebe es bereits. Auch neue Fußwege sollen eingerichtet
werden, etwa von der nördlichen Startbahn in Richtung Hasenheide. „Wir
hoffen, dass die Rauheit des Parks erhalten bleibt“, sagt Reiser. Die
TeilnehmerInnen scheinen zufrieden mit dem Rundgang. Eine Frau sagt zu den
beiden Landschaftsplanern, dass sie das Konzept vernünftig finde. „Uns geht
es darum, die historische Ambivalenz des Geländes sichtbar zu halten“, sagt
Reiser. Zur Geschichte von Tempelhof gehörten der alte Flughafen und das
Zwangsarbeiterlager genauso wie die anarchisch geprägte Kultur, die sich
seit der Parkeröffnung auf dem Feld zeige.
Eelco Hooftman schüttelt den Kopf, als wieder einmal einer der zahlreich
Kitelandboarder vor der Gruppe über die Landebahn jagt. Dieses
Nebeneinander der Sportler, Radfahrer und Spaziergänger sei in vielen
anderen Ländern nicht vorstellbar, hier in Berlin scheine es aber zu
klappen. „Das ist ein Hauch von deutscher Anarchie“, sagt Hooftman und
lächelt.
15 Apr 2012
## AUTOREN
Johannes Kulms
Johannes Kulms
## TAGS
Tempelhofer Feld
Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin
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