| # taz.de -- Soldaten putschen in Guinea-Bissau: „Killer und Drogenhändler“ | |
| > Die Soldaten in Guinea-Bissau verhinderten die Wahl von Carlos Gomes | |
| > Jñnior zum Präsidenten. Der wollte gegen den Drogenhandel vorgehen. | |
| Bild: Anders als in Mali wollen die Soldaten in Guinea-Bissau wohl keinen schne… | |
| COTONOU taz | Die Grenzen sind geschlossen, die Lage ist nach Einschätzung | |
| des Auswärtigen Amtes in Berlin „unübersichtlich und gefährlich“. Am | |
| Freitag hat im westafrikanischen Kleinstaat Guinea-Bissau das Militär die | |
| Macht ergriffen. Und nun suchen die Soldaten nach politischen Verbündeten: | |
| 22 von 35 Parteien wollen eine Art Übergangsrat mit den Putschisten formen, | |
| wurde gestern berichtet. | |
| Das klingt wie ein positiver Schritt, um das Land mit seinen 1,7 Millionen | |
| Einwohnern möglichst schnell wieder zurück zur zivilen Ordnung zu bringen. | |
| Ganz ähnlich hat das schließlich in Mali funktioniert, wo vor vier Wochen | |
| das Militär die Macht übernommen hatte. Die Putschisten, die große | |
| Unterstützung vonseiten der Zivilgesellschaft bekamen, traten letzte Woche | |
| zugunsten einer zivilen Übergangsregierung zurück, und die soll nun | |
| demokratische Wahlen in Mali organisieren. | |
| Doch was in Mali geklappt hat, wäre in Guinea-Bissau eher ein Pakt mit dem | |
| Teufel, sagen Beobachter. „Hier haben Killer und Drogenhändler geputscht, | |
| die das Volk seit Jahren in Geiselhaft halten“, sagt Hannes Stegemann, | |
| Westafrika-Experte von Caritas International, der selbst 17 Jahre lang in | |
| Guinea-Bissau gelebt und gearbeitet hat. | |
| Deshalb würde sich der entführte Premierminister Carlos Gomes Jñnior, der | |
| gute Chancen auf die Wahl zum nächsten Präsidenten hatte, in Lebensgefahr | |
| befinden. „Die Putschisten werden auch vor seiner Ermordung nicht | |
| zurückschrecken, wenn sie damit eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen | |
| Ordnung verhindern können.“ | |
| ## Drogenhandel in Gefahr | |
| Neben Gomes ist auch Interimspräsident Raimundo Pereira gestürzt worden. | |
| Möglich ist, dass beide in einer Kaserne außerhalb der Hauptstadt Bissau | |
| gefangen gehalten werden. Die wichtigere Figur ist Carlos Gomes Jñnior, den | |
| die Putschisten wohl auf gar keinen Fall im obersten Staatsamt sehen | |
| wollen. | |
| Bei der ersten Runde der Wahlen Ende März hatte Gomes 49 Prozent der | |
| Stimmen erhalten. Sein Sieg in der für den 29. April angesetzten Stichwahl | |
| galt als sehr wahrscheinlich, da der Zweitplatzierte Kumba Yala in der | |
| ersten Runde gerade einmal 23 Prozent der Stimmen bekam und dann seinen | |
| Boykott der zweiten Runde ankündigte. | |
| Die Putschisten erklären ihre Machtübernahme damit, dass die bisherige | |
| Regierung angeblich die Armee mithilfe von Angola zerstören wolle. Angola, | |
| ebenfalls einstige portugiesische Kolonie und aufstrebende Ölmacht, | |
| unterstützt Guinea-Bissau seit 2010 mit 200 Soldaten bei der Modernisierung | |
| des Militärs. Auch die EU hat bereits einen solchen Versuch unternommen, | |
| ist aber gescheitert. | |
| Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der international angesehene Gomes aktiv | |
| gegen den Drogenhandel kämpfen könnte, so er denn Präsident wäre. | |
| Spekuliert worden ist deshalb auch, ob vielleicht der ehemalige | |
| Oberbefehlshaber der Marine, José Americo Bubo Na Tchuto, zu den | |
| tatsächlichen Drahtziehern des Coups gehören könnte. Er stehe zwar unter | |
| Arrest, gilt aber weiterhin als mächtig, vor allem aber als einer der | |
| größten Drogenbosse im Land. | |
| Für seine Rolle spricht, dass die Putschisten nach eigenen Angaben auch | |
| ihren eigenen Generalstabschef Antonio Indjai verhafteten – Indjai war im | |
| Dezember gegen Bubo vorgegangen. Der Handel mit Kokain aus Südamerika, das | |
| in die vielen unübersichtlichen Inseln Guinea-Bissaus vor der Atlantikküste | |
| gebracht wird zur Weiterleitung Richtung Europa, gilt als wichtigste | |
| Einnahmequelle des Landes. | |
| Die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische | |
| Wirtschaftsgemeinschaft) hat indes, wie die internationale Gemeinschaft | |
| insgesamt, den Staatsstreich scharf verurteilt. Sie fordert das Land auf, | |
| unverzüglich zur Verfassung zurückzukehren. Außerdem seien die Putschisten | |
| für die Sicherheit der entführten Politiker verantwortlich. Viele Führer | |
| der wichtigsten politischen Partei Guinea-Bissaus, der einstigen | |
| Befreiungsbewegung PAIGC (Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von | |
| Guinea und den Kapverden), zu der auch Gomes gehört, sind in Haft oder auf | |
| der Flucht. | |
| 17 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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