| # taz.de -- Kommentar Breivik-Prozess: Die Lust am Grusel | |
| > Ein Irrer hat einen Amoklauf unternommen. Der Prozess wird dazu keine | |
| > neuen Erkenntnisse liefern. Denn die politisch relevanten Fragen werden | |
| > nicht gestellt. | |
| Breivik, Breivik, Breivik. Jedes Medium berichtet großformatig über den | |
| norwegischen Massenmörder. 1.400 Mitarbeiter aus 224 Redaktionen haben sich | |
| für den Prozess in Oslo akkreditiert, der zehn Wochen dauern soll. Breivik | |
| droht, zur Endlos-Serie zu werden. | |
| Offenbar ist man weltweit überzeugt, dass der Breivik-Prozess eine wichtige | |
| „Nachricht“ sei. Aber warum? Um die Fakten festzuhalten: Breivik hat 77 | |
| Menschen umgebracht, was ein tragisches Verbrechen ist. Aber er führt keine | |
| politische Bewegung an, sondern ist ein Einzeltäter – und mental gestört. | |
| Selbst die Gutachter, die ihn für zurechnungsfähig halten, attestieren eine | |
| „narzissistische Persönlichkeit“. Kurz: Ein Irrer hat einen Amoklauf | |
| unternommen. Dies wusste man auch schon im letzten Sommer, und es ist nicht | |
| zu erwarten, dass der Prozess zu neuen Erkenntnissen führt. | |
| Es ist zu verstehen, dass die Norweger die Gerichtsverhandlungen verfolgen. | |
| Schließlich kennen viele die Opfer und ihre Familien persönlich. Aber wenn | |
| auch in Deutschland allerorten Breivik dominiert, dann sollte man so | |
| ehrlich sein zuzugeben, dass es sich nicht um eine „Nachricht“ handelt, | |
| sondern um reine Sensationslust. Crime verkauft sich immer. | |
| Es greift viel zu kurz, nur darüber zu debattieren, wie man den Prozess | |
| begleitet – ob mit oder ohne Bilder von Breivik. Die eigentliche Frage ist, | |
| warum überhaupt so breit berichtet wird. Es fällt jedenfalls auf, dass die | |
| politisch relevanten Fragen kaum gestellt werden: Wie lassen sich Amokläufe | |
| verhindern? Wie kann die Polizei geschult werden? Was ist mit dem Zugang zu | |
| Waffen? Nein, es geht immer um Breivik. Offenbar kann sich niemand der Lust | |
| am Grusel entziehen. | |
| 17 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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