# taz.de -- Kommentar Argentinien: Terminator Kirchner | |
> Die Enteignung des Ölkonzerns Repsol könnte eine Schlammschlacht werden. | |
> Noch ist nicht aufgeklärt, wer eigentlich von der Privatisierung | |
> profitiert hat. | |
Bild: Carlos Menem, Staatspräsident Argentiniens von 1989 bis 1999, bestreitet… | |
Die von Präsidentin Cristina Kirchner als Paukenschlag inszenierte | |
Aneignung der Aktienmehrheit beim privaten Ölunternehmen Repsol-YPF reiht | |
sich ein in die Rückgewinnung ehemals staatlicher Unternehmungen: die Post | |
im Jahr 2003, Wasserversorgung 2006, Rentensystem und Fluggesellschaft 2008 | |
und jetzt YPF. Der Terminator der freien Marktwirtschaft lebt schon lange | |
am Río de la Plata. | |
Hatte sich der argentinische Staat während der neoliberalen | |
Privatisierungswelle der 1990er Jahre unter dem Präsidenten Carlos Menem | |
fast komplett als Akteur verabschiedet, holt er sich seit dem Höhepunkt der | |
schweren Wirtschaftskrise 2001/2002 seine Handlungsfähigkeit stetig zurück. | |
Der Big Bang war die Abkopplung vom fixen Währungskurs Peso/Dollar und die | |
Einstellung des Schuldendienstes. 2004 folgte der große Schuldenschnitt, | |
als der damalige Präsident Néstor Kirchner den Gläubigern für über 80 | |
Milliarden Dollar die Auszahlung von 25 Prozent der Summe anbot und | |
durchsetzte. | |
Im Januar 2006 zahlte Argentinien seine Schulden beim Internationalen | |
Währungsfonds in Höhe von 9,8 Milliarden Dollar vorzeitig zurück. Seither | |
haben diese Wächter der freien Finanzwirtschaft in Argentinien nichts mehr | |
zu sagen. | |
Mit der neuerlichen Enteignung ist aber noch kein einziger Centavo in das | |
neue, alte Staatsunternehmen YPF investiert. Und dass es eine | |
Erfolgsgeschichte wird, ist keineswegs ausgemacht. Mit Planungsminister | |
Julio De Vido hat jetzt der Mann bei YPF das Sagen, der für die Talfahrt | |
der argentinischen Öl- und Gasförderung der letzten zehn Jahre politisch | |
verantwortlich ist. Mehr noch, de Vido ist ein Kirchner-Mann der | |
allerersten Stunde. | |
Dass der argentinische Staat und seine Wirtschaft auf dem Kapitalmarkt seit | |
Jahren isoliert sind, erleichtert den jetzigen Schritt. Ob der | |
argentinische Weg der richtige ist, wird vor allem von denen angezweifelt, | |
die Platz für andere machen sollen. Die große Mehrheit in Argentinien will | |
auf keinen Fall die griechische Variante. | |
Die Auseinandersetzung zwischen Repsol und der Kirchner-Regierung könnte | |
dabei zu einer Schlammschlacht werden: Noch immer liegt im Dunkeln, wie die | |
Provinz Santa Cruz mit ihrem damaligen Gouverneur Néstor Kirchner und | |
seinem Provinzminister de Vido von der Privatisierung in den 1990er Jahren | |
profitiert haben. | |
17 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Argentinien | |
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