# taz.de -- Österreich verzichtet auf Atomstrom-Import: Atomenergiefreies Alpe… | |
> Österreich hat nicht nur keine eigenen AKW, sondern will künftig auch auf | |
> ausländischen Atomstrom verzichten. Dazu verpflichten sich die | |
> Energieversorger freiwillig. | |
Bild: Nie am Netz: Österreichs einziges AKW war nie in Betrieb. | |
WIEN taz | Österreich soll zu einer gänzlich atomstromfreien Zone werden. | |
Dazu verpflichteten sich Politik und Energiewirtschaft auf einem Atomgipfel | |
gegenüber den Umweltorganisationen. In keinem EU-Land herrscht ein so | |
breiter Konsens in der Ablehnung der Atomkraft wie in Österreich. Das | |
einzige AKW im niederösterreichischen Zwentendorf durfte nach einer | |
negativen Volksabstimmung 1978 nie in Betrieb gehen. | |
Aus der Ablehnung wurde spätestens nach Tschernobyl eine Art | |
parteienübergreifender Staatsideologie. Dies bekommen die Regierungen in | |
der Tschechischen Republik oder Slowenien zu spüren, wenn in Österreich | |
gegen grenznahe AKW demonstriert wird. | |
Doch im europaweiten Verbundsystem ist Österreich mit allen Nachbarstaaten | |
vernetzt. Und mit der Ausnahme von Liechtenstein stehen dort überall | |
Atommeiler. Aus den Steckdosen kommt also trotzdem zum Teil Atomstrom. | |
Jetzt soll das anders werden. | |
Die österreichischen Energieversorger, mehrheitlich Landesgesellschaften, | |
verpflichten sich freiwillig, bis Ende 2013 auf den Bezug von Atomstrom für | |
die privaten Haushalte zu verzichten. Für die Belieferung von | |
Industriekunden wird die Frist wegen langlaufender Lieferverträge bis Ende | |
2015 gestreckt. Aber schon Anfang 2015 wird aus der freiwilligen | |
Vorleistung eine gesetzliche Verpflichtung. Dafür soll eine entsprechende | |
Novelle des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes sorgen. | |
## Gütesiegel statt Importverbot | |
In Österreich wird derzeit nach Auskunft der Energiewirtschaft Strom | |
unbekannter Herkunft, sogenannter Graustrom, im Umfang von 14,7 Prozent | |
eingespeist. Gut ein Viertel davon kommt aus ausländischen AKW. | |
Graustrom darf es ab 2015 nicht mehr geben: Ab dann müssen die | |
Energieversorger ihre Bezugsquellen offenlegen. Ein | |
„Atomstromfrei-Gütesiegel“ soll das zertifizieren. Damit umgeht man ein | |
Atomstromimportverbot, das EU-rechtlich nicht zulässig wäre. | |
Österreich sei die Speerspitze derer, „die jenen Ländern gegenüberstehen, | |
die uns fälschlicherweise einreden wollen, dass Atomenergie wirtschaftlich | |
besonders günstig ist und dass Atomstrom eine Art erneuerbare Energie ist“, | |
brüstete sich Bundeskanzler Werner Faymann, SPÖ. In Wahrheit gehe es denen | |
doch nur darum, von Förderungen zu profitieren. | |
Österreich gehe einen anderen Weg, nämlich den des Ausbaus von erneuerbaren | |
Energien. Zufrieden zeigten sich auch die Umweltorganisationen Global 2000 | |
und Greenpeace, die in der Vereinbarung einen großen Erfolg sehen, „dessen | |
Bedeutung über den Kampf gegen die Atomkraft weit über Österreich | |
hinausgeht“, so Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. | |
## Atomstrom darf weiter durchgeleitet werden | |
Auch die Grünen sehen die Selbstverpflichtung der Industrie grundsätzlich | |
positiv. „Für uns wäre allerdings ein gesetzliches Atomstromimportverbot | |
der konsequentere Weg gewesen“, ergänzt Sprecherin Christiane Brunner. Die | |
Grünen wollen aber für die nötige Verfassungsmehrheit im Parlament sorgen, | |
wenn das Energiewirtschaftsgesetz novelliert werden soll. | |
Tatsächlich kann sich Österreich jetzt auf EU-Ebene mit größerer | |
Glaubwürdigkeit gegen Atomkraft stark machen. Nicht verbieten kann man | |
allerdings die Durchleitung von AKW-Strom durch österreichische Leitungen. | |
Die „Rolle Österreichs als Energiedrehscheibe“ sei definitiv nicht | |
gefährdet, versicherte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. | |
22 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Österreich stoppt Atomstrom-Importe: Alpen ohne Strahlung | |
Österreich hatte nie ein AKW am Netz, nun will das Land Atomstrom nicht mal | |
mehr importieren. Mit einem Trick will das Land EU-Regeln umgehen. | |
AKW-Rückbau in Obrigheim: Vorausschauende Öffentlichkeit | |
Eine Bürgerinitiative in Obrigheim will per einstweiliger Verfügung den | |
Abriss des Kraftwerks stoppen. Sie beklagt mangelnde Transparenz beim | |
Verfahren. | |
Großmann verlässt RWE: Das Ende des Atom-Sauriers | |
Vorstandsvorsitzender Jürgen Großmann nimmt Abschied beim Energiekonzern | |
RWE. Auf der Jahreshauptversammlung schimpft er auf die Energiewende. | |
Schlechte Absicherung der Energiekonzerne: Milliardenrisiko AKW-Rückbau | |
Für den Rückbau der deutschen Atomkraftwerke haben die Energieversorger | |
Geld angespart. Wenn aber einer pleitegeht, ist das Geld weg, warnt | |
Greenpeace. |