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# taz.de -- Parteispenden: Der Trick mit der Transparenz
> Wer einer Partei viel Geld geben will, ohne dass es öffentlich wird, muss
> einfach eine Gegenleistung vereinbaren. Dann wird die Spende zum
> Sponsoring.
Bild: Angela Merkel steht auf dem CDU-Bundesparteitag 2007 zufällig neben eine…
Im vergangenen Sommer veröffentlichte die taz erstmals eine Datenbank, mit
der sich die Großspenden an die Bundestagsparteien komfortabel durchsuchen
lassen. Jetzt erscheint das [1][Update mit den neu veröffentlichten
Spendeneinnahmen] . Doch ein ähnlicher Bereich bleibt von dieser
Transparenz ausgenommen: Die Parteien müssen ihre Sponsoringeinnahmen nicht
veröffentlichen.
Sowohl bei einer Spende als auch bei einem Sponsoring fließt Geld von einem
Unternehmen an eine Partei. Der Unterschied: Beim Sponsoring wird eine
Gegenleistung vertraglich vereinbart – zum Beispiel, dass das Unternehmen
einen Stand auf einem Parteitag erhält, um sich zu präsentieren.
Diese Einnahmen werden von den Parteien fest eingeplant, um die Parteitage
zu finanzieren. Die sind nämlich ziemlich teuer: Bei den Sozialdemokraten
belaufen sich die Kosten für mehrtägige Parteitage auf bis zu zwei
Millionen Euro.
Wenn die FDP an diesem Samstag ihren Bundesparteitag in Karlsruhe eröffnet,
dann wird es in der Lobby ruhiger zugehen als üblich. Während sonst in den
Räumen vor der Haupthalle rund 60 Sponsoren ihre Angebote präsentieren,
sind es diesmal nur 45: Nach der Wulff-Affäre haben einige Unternehmen den
Ausstieg aus dem Parteiensponsoring erklärt, darunter etwa die Bahn oder
Audi.
## Gutscheine an Journalisten
Nun fällt bei der FDP die Presselounge weg, in der Journalisten in der
Vergangenheit kostenlos verpflegt wurden. Stattdessen erhalten die
Berichterstatter, die sich einladen lassen wollen, nun Gutscheine auf
Kosten der Bundespartei. Der Parteitag kostet 630.000 Euro, davon kommen
150.000 Euro durch Sponsoring wieder rein. Die Sponsoren können die Gelder
steuerlich geltend machen.
Weil Sponsoring im Parteiengesetz nicht näher geregelt ist, öffnet die
Einnahmequelle Raum für die Spekulationen, ob es sich bei manchem
Sponsoring um verdeckte Parteienfinanzierung handelt. Zum Beispiel bei
Unternehmen in Staatsbesitz, die einer Partei kein Geld direkt spenden
dürfen, die aber über den Umweg des Sponsorings doch noch eine Parteikasse
auffüllen dürfen. Oder bei Geldgebern, die Transparenz scheuen:
Parteispenden ab 10.000 Euro müssen in den Rechenschaftsberichten der
Parteien genannt werden, Sponsorings nicht – egal, wie hoch sie sind.
Während Unternehmen mit Sportsponsoring offensiv werben, wird
Parteiensponsoring nicht an die große Glocke gehängt. Nur wenige
Unternehmen geben freiwillig Auskunft. So zahlt beispielsweise Vattenfall
auf Parteitagen zwischen 10.000 und 15.000 Euro für einen Stand in der
Größe von 40 Quadratmeter, teilt der Stromkonzern auf taz-Nachfrage mit.
Parteien müssen noch nicht einmal veröffentlichen, wie hoch die Gesamtsumme
aller Sponsorings ist. Die Einnahmen verbergen sich in den
Rechenschaftsberichten in dem Mischposten „Einnahmen aus Veranstaltungen,
Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen“. Dort werden bei den
Volksparteien zweistellige Millionenbeträge aufgelistet. Doch wie viel
davon ist Sponsoring? CDU und CSU entscheiden sich für Intransparenz: Beide
Parteien möchten die Höhe der Sponsoringeinnahmen auf ihren Parteitagen auf
taz-Anfrage nicht veröffentlichen.
## Einnahmen bei Preis-Skat
SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks hingegen erläutert: Im Wahljahr 2009,
in dem es zwei Parteitage gab, habe die SPD auf Bundesebene rund 570.000
Euro durch Sponsoring eingenommen, im Jahr 2010 waren es 132.000 Euro. Der
größte Teil der Summe, die in dem Mischposten im Rechenschaftsbericht
genannt ist, werde in den mehr als 10.000 Kreis- und Ortsverbänden
eingenommen: „Der Verkauf von Bier, Würstchen und Tombola-Losen auf den
Sommerfesten sowie von Veröffentlichungen und die Einnahmen zum Beispiel
beim Preis-Skat summieren sich auf 12,4 Millionen Euro“, erläutert sie zum
Jahr 2010. Diesen Einnahmen würden allerdings auch Ausgaben
gegenüberstehen. Der Gewinn werde an lokale gemeinnützige Einrichtungen
gespendet.
Bei den Grünen werden nicht nur die Einnahmen von Veranstaltungen, sondern
auch die verkauften Anzeigen der Parteizeitung „Schrägstrich“ erfasst. Dem
Sponsoring bei Veranstaltungen sind 180.580 Euro zuzuordnen. Die Einnahmen
durch Anzeigen betragen 181.492 Euro. Im Wahljahr 2009 waren es beim
Bundesverband 79.860 Euro aus Sponsoring bei Veranstaltungen und 164.480
Euro aus dem Anzeigenverkauf. Die Linkspartei hat laut Schatzmeister keine
Einnahmen durch Sponsoring. Die FDP hat durch die Vermarktung auf
Parteitagen im Jahr 2010 rund 150.000 Euro eingenommen.
Unter den Parteien gibt es jedoch keinen Konsens, was überhaupt als
Sponsoring anzusehen ist. Für die CDU gelten Unternehmen, die Stände auf
Parteitagen kaufen, nicht als Sponsoren: „Unter Sponsoring ist zu
verstehen, dass ein Unternehmen oder Sozialverband für Werbung zahlt.
Hierzu zählen der Druck des Logos auf Einladungskarten oder
Veranstaltungshinweisen sowie die Platzierung von Werbemitteln in
Tagungstaschen.“ Auch das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ist
beim Sponsoring nicht klar geregelt. Bei den Parteitagen etwa zahlen
Unternehmen je nach Partei zwischen 155 und 335 Euro pro Quadratmeter. Die
Preise sind vergleichbar mit denen auf großen Messen, obwohl nur eine
kleine Zielgruppe von 1.000 bis 2.000 Teilnehmern erreicht wird.
## Neue Regeln müssen her
Dass dringend Regeln nötig wären, zeigen die Fälle von Stanislaw Tillich
und Jürgen Rüttgers. Im Jahr 2010 hatte die CDU mit Angeboten um
Unternehmen geworben, bei denen man einen der Ministerpräsidenten für
mehrere tausend Euro Aufpreis persönlich zu einem kurzen Gespräch – wenn
auch nicht unter vier Augen – treffen konnte.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Spitzenpolitiker bei den größten
Ausstellern vorbeischauen. Nur wurde dies bis dahin nicht explizit gegen
Geld angeboten. Die Bundestagsverwaltung hat die Fälle geprüft. Das Fazit:
Das Sponsoring war an keine unzulässige Gegenleistung geknüpft, also war
alles legal.
Gleichzeitig wird in dem Bericht von Bundestagspräsident Norbert Lammert
(CDU) aber eingestanden, dass es kaum möglich sei, das Verhältnis von
Leistung und Gegenleistung objektiv zu prüfen: „Mangels spezifischer
gesetzlicher Regulierung herrscht auf diesem Gebiet weitgehend die
allgemeine Vertragsfreiheit. Wie viel Geld einem Unternehmen das Auftreten
im Rahmen einer bestimmten Parteiveranstaltung wert sein darf, ist abstrakt
nicht bestimmbar.“
Grüne und SPD fordern schon länger, Sponsoring gesondert zu erfassen, die
Linken wollen es verbieten. Doch die beiden Unionsparteien machen da nicht
mit. Von der CDU heißt es auf Anfrage: „Die CDU sieht derzeit keinen
Veränderungsbedarf am Parteiengesetz. Ein ganz wesentliches Merkmal von
Sponsoring ist doch, dass es für jeden sichtbar und damit transparent ist.“
24 Apr 2012
## LINKS
[1] /Parteispenden-Watch/!t200/
## AUTOREN
Martin Rank
## TAGS
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