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# taz.de -- Kommentar Mindestlohn: Schub und Trug
> Das Konzept der Union zur Lohnuntergrenze folgt vor allem der
> Wahlkampflogik. Es bringt keinen Mindestlohn, der diesen Namen verdient.
Den entscheidenden Hinweis zum so genannten Mindestlohnkonzept der Union
hat die Bundesabeitsministerin selbst gegeben: Mit der Einigung, hofft
Ursula von der Leyen, werde man den wahlkämpfenden Parteifreunden in
Nordrhein-Westfalen helfen.
Dort hat sich schon mancher CDU-Politiker als der wahre „Arbeiterführer“
inszeniert. Und von dort war auch die Initiative für jenen
Parteitagsbeschluss ausgegangen, mit dem sich die Christdemokraten eines
der großen Signalwörter des Politbetriebs zu eigen machten: Man wolle eine
„marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze“, aber bitteschön:
„keinen politischen Mindestlohn“.
Nun ist allenthalben trotzdem vom Mindestlohn der CDU die Rede. Doch von
einer Regelung, wie sie inzwischen auch den Gewerkschaften lieb wäre, oder
wie ihn die politische Linke fordert, ist das Vorhaben der Union weit
entfernt.
Eine Lohnuntergrenze, der nur in Branchen greifen soll, in denen es keine
gültigen Tarifverträge gibt, die von einer Kommission aus Gewerkschaften
und Arbeitgebern festgesetzt und dann per Rechtsverordnung „umfassend
staatlich erstreckt“ wird, liegt nicht allzu weit entfernt von dem, was
heute bereits möglich ist, indem Branchenmindestlöhne für
allgemeinverbindlich erklärt werden.
Hinzu kommt, dass im nun vereinbarten Unionskonzept die Möglichkeit offen
gehalten wird, die Lohnuntergrenze in fast jede denkbare Richtung zu
differenzieren: nach Branchen, nach Regionen, nach Berufsgruppen. Das kehrt
den ursprünglichen Sinn eines allgemeinen Mindestlohns geradezu um. Dieser
ist ja nur einer, wenn er für alle gleichermaßen gilt.
##
Kurzum: Einen allgemeinen Mindestlohn, der diesen Namen wirklich verdient,
bringt das Unionskonzept nicht voran. Das ist gravierend für die rund sechs
Millionen Beschäftigten, die zu Löhnen unterhalb von 7,50 Euro in der
Stunde arbeiten müssen. Und es ist sogar für den Bundesfinanzminister eine
schlechte Nachricht, der bei einer echten gesetzlichen Lohnuntergrenze von
8,50 Euro mit Entlastungen von über sieben Milliarden rechnen könnte, weil
der Staat nicht mehr über Sozialleistungen Dumpinggehälter subventionieren
müsste und mehr Steuern einnehmen könnte.
So ist die Einigung in der Union zunächst einmal nur für diese selbst eine
gute Nachricht – siehe die eingangs erwähnte Ursula von der Leyen. Und wenn
die Liberalen wie erwartet eine Umsetzung des Unionsbeschlusses in dieser
Legislaturperiode verhindern, könnte Angela Merkel ihre
„marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze“ gleich noch in den
kommenden Bundestagswahlkampf ziehen.
Ganz nach der Hoffnung von der Leyens, die Parole Mindestlohn möge der CDU
„einen enormen Schub geben“. Oder jedenfalls verhindern helfen, dass andere
Parteien mit dem Signalwort „Mindestlohn“ auf ihrer Fahne besser
vorankommen als die Union.
26 Apr 2012
## AUTOREN
Tom Strohschneider
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