# taz.de -- US-Nachrichtenkanal CNN: Der Katastrophensender | |
> Rechts, das ist Fox News. Links, das ist MSNBC. Die Mitte, das ist das | |
> einst berühmte CNN. Da hilft es nur wenig, aggressiv auf Unabhängigkeit | |
> zu setzen. | |
Bild: Kann Anderson Cooper den Sender CNN heldenhaft retten? | |
Wer sonst sollte es richten außer Anderson Cooper. Darling der | |
amerikanischen Nachrichtenszene, souverän im New Yorker Studio wie in den | |
Krisengebieten dieser Welt. Selten laut, immer emphatisch. Cooper ist CNNs | |
prominentester Kopf – und seit gut einem halben Jahr mit der Aufgabe | |
betraut, seinen Sender in der Hauptsendezeit an die Spitze der | |
Einschaltquoten zurückzuführen. | |
Denn dort ist der 24-Stunden-Nachrichtensender schon seit geraumer Zeit | |
nicht mehr. In einem Land, in dem die lauten Stimmen dominieren und links | |
wie rechts gegen alles hetzen, was nicht dem eigenen Dogma entspricht, | |
mutet CNN an wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Wo Jim O’Reilly auf Fox | |
News das rechtskonservative Publikum mit steilen Thesen hochpeitscht und | |
MSNBC mit Rachel Maddow linksorientierte Zuschauer an sich bindet, steht | |
CNN in der Mitte – und quotenmäßig am Ende der Nachrichtenkanäle. | |
In der werberelevanten Primetime von 20 bis 23 Uhr hatte CNN 2011 laut | |
Nielsen TV Rating, die die Einschaltquoten in den USA messen, | |
durchschnittlich 689.000 Zuschauer täglich. MSNBC hat 775.000 und Fox News | |
steht ungeschlagen an der Spitze mit 1.868.000 Zuschauern. 2010 war gar das | |
schlechteste Quotenjahr für den Time-Warner-Sender in den vergangenen 15 | |
Jahren. Bedeutungsverlust vorprogrammiert. | |
Auch neue Moderatoren halten nicht, was sie versprechen. „Larry King Live“ | |
wurde 2010 nach 25 Jahren wegen schlechter Quoten durch den bösen Briten | |
Piers Morgan ersetzt. Der Moderator ist in den USA vor allem als Juror der | |
Casting-Show „American Idol“ bekannt und nicht dadurch, dass er den | |
britischen Expremier Gordon Brown zum Weinen brachte. Morgan kündigte vor | |
dem Start selbstbewusst an, er werde Fox News und MSNBC „in den Hintern | |
treten“. Ein Jahr später ist der Brite in seiner Show schrecklich nett zu | |
seinen Gästen – sein großes Ziel erreichte er nicht. | |
## Schlechte Quoten für Morgan | |
Die Zahlen von Nielsen TV Rating zeigen: Morgans Quoten sind im Vergleich | |
zu King deutlich schlechter. Die politischen, meinungsbetonten Sendungen | |
von den Konkurrenten Fox News und MSNBC sind populärer als einstündige | |
seichte Interviews mit Prominenten. | |
Nachrichten allein ziehen die Zuschauer nicht mehr an. Meinungsmache ist | |
angesagt, egal ob für oder gegen Obama, pro oder contra Umweltschutz, für | |
oder wider Gesundheitsreform. Obwohl auch Fox News mit sinkenden Quoten | |
kämpft, hängt Rupert Murdochs Sender seine Konkurrenz um Längen ab. Da sind | |
auch Aktionen wie die „Rally to restore Sanity“ des Moderators der „Daily | |
Show“ und Satirikers John Stewart im Oktober 2010 nicht mehr als | |
Randerscheinungen. | |
Auf seine Initiative hatten sich über 200.000 Menschen in Washington | |
versammelt, um gegen die „extremen Stimmen“ im Land zu protestieren, die | |
die Debatten in den USA dominieren. | |
Doch im Wahlkampfjahr 2012 ist davon wenig zu spüren. Der Vorwahlkampf der | |
Republikaner verkam zu einer Schlammschlacht. Zwar wird sich Mitt Romney im | |
Kampf um das Weiße Haus wieder etwas in die moderatere Mitte bewegen | |
müssen, die ideologischen Grenzen jedoch werden bleiben – bewacht von Fox | |
News und MSNBC. | |
Dennoch gibt sich CNN, dessen Start 1980 die Rund-um-die-Uhr-Nachrichten | |
begründete, nicht geschlagen. Wie der „State of the News Media Report 2012“ | |
des Projekts für Exzellenz im Journalismus zeigt, versucht der Sender, den | |
Platz zwischen linker und rechter Meinungsmache zu finden. Die Studie, die | |
jährlich vom unabhängigen Pew Research Center herausgebracht, wird zeigt, | |
dass CNN im letzten Jahr sehr viel mehr Sendezeit in internationale | |
Nachrichten investierte als die Konkurrenz. | |
## Aggressive Unabhängigkeit | |
Die Quoten während des Arabischen Frühlings und der Tsunamikatastrophe in | |
Japan waren gut, der Sender konnte sich kurzfristig vor MSNBC | |
positionieren. Doch mit der Rückkehr des Alltags sanken die Quoten. „Trotz | |
der neuen Programmstrategie ist es CNN bisher nicht gelungen, in den | |
Primetime-Erfolg von Fox oder MSNBC einzugreifen“, heißt es im Bericht. | |
Daher setzt das Network nicht nur auf internationale Nachrichten und | |
„aggressive Unabhängigkeit“, wie es Ken Jautz, Präsident von CNN USA | |
formuliert hat. Der Sender investiert in seine multimediale Strategie – mit | |
Erfolg. Laut Nielsen hat cnn.com deutlich mehr Besucher als die | |
Konkurrenz-Seiten, und auch bei der mobilen Nutzung über Smartphones und | |
Tablet-PCs liegt CNN vorn. Im Juli begann CNN auch, sein Programm live auf | |
der Website und via App zu streamen. Der Erlös aus multimedialen Inhalten | |
fällt jedoch weit hinter den des klassischen Fernsehgeschäfts zurück. | |
Will CNN weiterhin „der am meisten vertraute Name im Nachrichtengeschäft“ | |
sein, wie ein Slogan einstmals verkündete, werden die Macher noch | |
aggressiver an der unabhängigen Berichterstattung arbeiten müssen. Sonst | |
findet der Kampf ums Weiße Haus in den amerikanischen Wohnzimmern ohne CNN | |
und den vertrauenswürdigen Anderson Cooper statt. | |
10 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Rieke Havertz | |
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