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# taz.de -- Eisrutsch in der Antarktis droht: Unverwundbare Platte löst sich a…
> Der Klimawandel setzt der Antarktis wohl doch stärker zu als bisher
> angenommen. Deutsche Forscher warnen, dass die zweitgrößte
> Schelfeisfläche der Region rapide schmelzen wird.
Bild: Steigende Lufttemperaturen könnten innerhalb der nächsten 60 Jahre eine…
BREMERHAVEN dpa | Noch in diesem Jahrhundert droht ein gewaltiger Eisrutsch
in einer antarktischen Region, die bislang als kaum beeinflusst vom
Klimawandel galt. Zu diesem Schluss kommen deutsche Forscher mit gleich
zwei Modellsimulationen.
Anders als angenommen wirke sich der Klimawandel auch auf das Weddellmeer
aus, das größte Randmeer des Südlichen Ozeans am antarktischen Kontinent,
berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature.
Die warmen Wassermassen setzten dort dem Filchner-Ronne-Schelfeis heftig
zu. Dieses wiederum falle dann als Barriere für nachrutschendes Inlandeis
weg, schreiben die Experten des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes für
Polar- und Meeresforschung (Awi).
Als Schelfeis werden große, auf dem Meer schwimmende Eisplatten bezeichnet,
die mit einem Gletscher an Land verbunden sind und von deren Spitze immer
wieder Eisberge abbrechen. Das Filchner-Ronne-Schelfeis bedeckt eine große
Bucht des Weddellmeeres, mit 470 000 Quadratkilometern ist es das
flächenmäßig zweitgrößte Schelfeis der Antarktis.
## Barriere fällt weg
Etwa ein Viertel des gesamten Eisabflusses der Antarktis erfolgt laut Awi
über das Filchner-Ronne-Schelfeis. Die gewaltige Eisplatte werde rapide zu
schmelzen beginnen und sich bis zum Ende des Jahrhunderts auflösen,
schreiben die Awi-Forscher über ihre Berechnung.
In der Folge könnten große Mengen von Inlandeis in den Ozean abrutschen, da
das Schelfeis als Barriere wegfalle. Dies wiederum würde zu einem Anstieg
des Meeresspiegels führen. „Schelfeise sind für das nachgelagerte Inlandeis
wie ein Korken in der Flasche“, erläutert Awi-Ozeanograph und Erstautor der
Studie, Hartmut Hellmer.
„Sie bremsen die Eisströme, weil sie in den Buchten überall anecken und zum
Beispiel auf Inseln aufliegen.“ Auch eine zweite, im Fachmagazin Nature
Geoscience veröffentlichte Studie weist auf eine solche Entwicklung hin.
Die Wissenschaftler um Martin Siegert von der britischen Universität von
Edinburgh hatten per Georadar (Radio Echo Sounding, RES) die Dicke zweier
Eisströme analysiert, die das Filchner-Ronne-Schelfeis speisen - und daraus
auf die Bodenbeschaffenheit darunter geschlossen.
Demnach existiert in der Region ein großes, steil abfallendes Becken mit
glattem Grund - das einem Eisrutsch wenig entgegensetzen würde. Bislang sei
angenommen worden, dass das Schelfeis des Weddellmeeres wegen seiner
Randlage nicht direkt von der Erderwärmung beeinflusst werde, schreiben die
Awi-Forscher in Nature.
## Steigende Schmelzrate
„Gebiete wie das Filchner-Ronne-Schelfeis und das Ross-Schelfeis galten
lange Zeit als unverwundbar“, sagte Hellmer. Die Wassermassen des
Weddellmeeres schienen kalt genug, um das Schelfeis nicht schmelzen zu
lassen. Steigende Lufttemperaturen könnten aber innerhalb der nächsten 60
Jahre eine Wärmebrücke in die Kältezone schlagen und das heute noch solide
Meereis brüchiger machen, sagte Hellmer.
Dadurch werde eine Grenze von Wassermassen aufbrechen, die bislang den
Zustrom von warmem Wasser unter das Schelfeis verhindert. „Wenn sich diese
schützende Barriere bis zum Ende des Jahrhunderts auflöst, schmilzt das
Filchner-Ronne-Schelfeis von unten.“
Die Schmelzrate werde von heute fünf Metern jährlich bis zur
Jahrhundertwende auf bis zu 50 Meter pro Jahr steigen, schätzt
Awi-Ozeanograph Jürgen Determann. Wie im Fall einer solchen Megaschmelze
das hinter dem Schelfeis liegende Inlandeis reagieren wird, sei noch offen.
Die Forscher nehmen aber an, dass es sich in Bewegung setzen und immer
schneller nachrutschen wird. Falls das schmelzende Eis komplett von
nachfließendem Inlandeis ausgeglichen werde, entspreche dies einem
zusätzlichen Meeresspiegel-Anstieg von 4,4 Millimetern pro Jahr.
10 May 2012
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Antarktis
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