| # taz.de -- Mögliche Neuwahlen: Griechenland hat sich verwählt | |
| > In Griechenland scheint eine Regierung der nationalen Einheit immer | |
| > unwahrscheinlicher. Stattdessen sind Neuwahlen möglich, bei denen die | |
| > radikale Linke gewinnen könnte. | |
| Bild: Antonis Samaras (Konservative, r.) ist Wahlsieger, doch bei Neuwahlen kö… | |
| ATHEN taz | Die Regierungsbildung in Griechenland droht wohl endgültig zu | |
| scheitern. Am Freitagmorgen sah es vorübergehend danach aus, als seien die | |
| Sondierungspartner unter Vermittlung von Exfinanzminister Evangelos | |
| Venizelos vor einer Einigung, doch der Hoffnungsschimmer scheint erloschen: | |
| Die betont europafreundliche Dimar-Partei (Demokratische Linke) erklärte | |
| sich zwar zur Allparteienregierung bereit, aber nur unter der | |
| Voraussetzung, dass auch der Vorsitzende der radikalen Linken (Syriza), | |
| Alexis Tsipras, sich an der gewünschten Koalition mit Sozialistenchef | |
| Venizelos und dem konservativen Wahlsieger Antonis Samaras beteiligt. | |
| Alexis Tsipras hatte zuvor jedoch die Koalitionsverhandlungen platzen | |
| lassen und deutlich gemacht, dass er eine Fortsetzung des harten Sparkurses | |
| nicht akzeptieren werde. Offenbar spekuliert der Überraschungszweite des | |
| Wahlsonntags auf Neuwahlen, da er nach jüngsten Umfragen aus einer | |
| Wahlwiederholung mit 27 Prozent der Stimmen als stärkste Partei hervorgehen | |
| könnte und gute Aussichten auf das Amt des Ministerpräsidenten hätte. | |
| Unterdessen hat der konservative Samaras, dem innerparteilich das Wasser | |
| bis zum Hals steht, klargestellt, dass er sich an einer | |
| Allparteienregierung nicht direkt beteiligt, sondern nur eine | |
| linksgerichtete Koalition im Parlament tolerieren würde. Nun dürfen sich | |
| die Griechen darüber streiten, wer von den beiden Politikern die | |
| Hauptverantwortung für Neuwahlen trägt, die angeblich niemand will. | |
| In einem Punkt sind sich die Kommentatoren einig: Der größte | |
| Hoffnungsträger Griechenlands heißt mittlerweile nicht Samaras oder | |
| Venizelos oder auch Tsipras, sondern François Hollande. Mit seinen | |
| wirtschaftspolitischen Wahlversprechen erweckt der neue französische | |
| Präsident Hoffnung, dass die gnadenlose Austeritätspolitik in Griechenland | |
| widerrufen oder zumindest ernsthaft infrage gestellt wird. | |
| „Die europäische Peripherie beginnt Druck auf Deutschland auszuüben, damit | |
| Frau Merkels Austeritätspolitik hinterfragt wird“, glaubt Tassos Papas, ein | |
| linksliberaler Kolumnist im Fernsehinterview. Nicht nur der Machtwechsel in | |
| Frankreich, sondern auch das jüngste Wahlergebnis der Kommunalwahlen in | |
| Italien sowie der sich abzeichnende Widerstand gegen den Euro-Fiskalpakt in | |
| Irland sprächen für diese Auffassung, so Papas. | |
| ## „Eine neue, bessere Realität“ | |
| Panagiotis Ioakeimidis, Professor für Europawissenschaften an der | |
| Universität Athen, versucht aus der haushaltspolitischen Not eine | |
| europapolitische Tugend zu machen: „Nach dem Wahlsieg Hollandes entsteht | |
| eine neue, bessere Realität in der EU. In diesem Rahmen muss Griechenland | |
| aktiv werden, um die neuen Chancen wahrzunehmen und die strikte | |
| Austeritätspolitik ’von innen‘ zu korrigieren“, schreibt Professor | |
| Ioakeimidis in der Athener Tageszeitung Ta Nea und spricht damit nicht | |
| einfach nur sein Wunschdenken, sondern auch eine versteckte Warnung an die | |
| Politiker aus: Es wäre fatal, wenn Griechenland in Streitigkeiten versinkt | |
| und sich womöglich aus der Eurozone verabschiedet, und das ausgerechnet zu | |
| dem Zeitpunkt, an dem die EU ihr fiskalpolitisches Korsett zu lockern | |
| beginnt. | |
| In ihrer Konjunkturprognose holt die EU-Kommission allerdings die Griechen | |
| wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: Die griechische Wirtschaft werde | |
| 2012 um 4,7 Prozent schrumpfen, und auch 2013 würde wohl kein Wachstum | |
| erreicht. Um die vereinbarten Sparziele doch noch zu erreichen, müsste | |
| Griechenland in den nächsten Monaten zusätzliche Sparmaßnahmen in Höhe von | |
| über 7 Millionen Euro durchsetzen. | |
| Auch die Bundesregierung will Griechenland weiter in der Eurozone halten. | |
| „An diesem Ziel hat sich nichts verändert“, sagte Regierungssprecher | |
| Seibert in Berlin. Er wies Bewertungen zurück, Europa diktiere Athen, was | |
| zu tun sei: „Es gibt kein Spardiktat.“ | |
| 11 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jannis Papadimitriou | |
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