# taz.de -- Positions-Wirrwarr zum Flughafendebakel: CDU spielt Jekyll und Hyde | |
> Brandenburgs CDU schimpft beim BER-Debakel über das Versagen der Politik, | |
> die Berliner Kollegen halten dagegen still. Logisch, denn ihr Chef sitzt | |
> im Aufsichtsrat. | |
Bild: Ja, auch der Mann links (Frank Henkel) sitzt mit im BER-Aufsichtsrat | |
Wenn’s um die Verantwortlichkeit des BER-Debakels geht, scheint der | |
Schuldige schnell gefunden: Alle auf Wowereit! Dabei sitzen auch andere | |
Parteien mit im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. Und eine davon müht | |
sich momentan, ein denkbar schräges Bild zu liefern: die CDU. | |
Die Linie der Berliner Christdemokraten ist klar: Sicherheit habe Vorrang, | |
heißt es zur geplatzten Flughafeneröffnung. Schuld sei nicht die Politik, | |
sondern die Flughafengeschäftsführung. In Brandenburg schimpft dagegen | |
keine Partei lauter über „die grandiose Ahnungslosigkeit“ der | |
Verantwortlichen als die CDU. Und meint damit sehr wohl die Politik. Nur: | |
Im 15-köpfigen Aufsichtsrat sitzen auch Parteikollegen – neben | |
Staatssekretären von CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und | |
CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer auch Berlins Innensenator Frank Henkel | |
(CDU). | |
Wohlweislich richten die märkischen CDUler ihre Kritik an Ministerpräsident | |
Matthias Platzeck (SPD). Der habe den „traurigen Höhepunkt in der Pleiten-, | |
Pech- und Pannenreihe“ und einen „beispiellosen Imageschaden“ zu | |
verantworten, poltert Fraktionschefin Saskia Ludwig. Platzeck habe sich | |
„mit billigen Versprechen abspeisen“ lassen. | |
Die gleichen Vorwürfe ließen sich freilich auch Henkel machen. Bei der | |
Berliner CDU versucht man dies schnellstens zu zerstreuen. „Wenig | |
hilfreich“ sei das Vorpreschen der Brandenburger. „Das ist keine Causa | |
Henkel“, heißt es kurz angebunden. Der Senator sei ja gerade mal einige | |
Monate im Aufsichtsrat, Wowereit und Platzeck seit 2003. Und das Gremium | |
könne auch nur bewerten, worüber es informiert werde. | |
Das lässt Brandenburgs CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski nicht gelten. | |
Zumindest Platzeck müsse über „alles Bescheid gewusst haben“, da | |
Brandenburg die Planungshoheit beim Großflughafen habe. Henkel spart | |
Dombrowski bei seiner Kritik aus. Dieser habe ob seiner kurzen Amtszeit | |
„viel weniger Einblick“. | |
Wenig hält man bei den Berliner Christdemokraten auch von der neuerlichen | |
Forderung der Brandenburger CDU, nun einen weiteren Flughafenstandort zu | |
planen. Ein „wirtschaftlicher und akzeptierter Flughafen“ sei in Schönefeld | |
„endgültig nicht mehr möglich“, konstatierte jüngst Ludwig. Der Airport | |
werde bereits mit Eröffnung an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. | |
„Völliger Blödsinn“ sei die Idee, heißt es aus der Berliner CDU. Deren | |
Verkehrsexperte Oliver Friederici verweist schon auf die hohen | |
Sicherheitsstandards, die weder die gehandelten Standorte Sperenberg noch | |
Schönhagen leisten könnten. „Der Vorschlag ist nur mit der Oppositionsrolle | |
der Brandenburger CDU erklärlich“, so Friederici. | |
Aber auch in Berlin zeigt sich die CDU diffus. Reinickendorfer | |
Christdemokraten und ihr Bundestagsabgeordneter Frank Steffel fordern da | |
schon mal eine „Dauerverlängerung“ für den Flughafen Tegel. Auch hier | |
Relativierungen aus der CDU-Führungsriege: Die Verlängerung von Tegel sei | |
„mit einem Augenzwinkern“ vorgetragen worden. Fraktionsgeschäftsführer | |
Heiko Melzer verweist auf die Beschlusslage seiner Partei: Die CDU stehe | |
zum Großflughafen Schönefeld. „Und zu einer schnellen Nachnutzung in | |
Tegel.“ | |
11 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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