Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- DFB-Pokal der Frauen: Der Mauerblümchen-Clan
> Erstmals könnte ein Verein den DFB-Pokal bei Frauen und Männern gewinnen.
> Der Erfolg der Frauen ist ein Verdienst der Familie Wörle, die im Klub
> auf sich selbst gestellt ist.
Bild: Die Wörles: Günther (Ex-Trainer), Tanja (Teamkapitän) und Thomas (Trai…
Elfriede Wörle weiß noch genau, wie früher ein Wochenende mit der Familie
ausgesehen hat. Fußball, Fußball und noch einmal Fußball. „Mein Mann war
Spielertrainer und die Familie ging mit auf den Sportplatz“, hat sie einmal
verraten, was irgendwie erklärt, warum Sohn Thomas und die Töchter Tanja
und Tina dieser Sportart teilweise ihr Leben verschrieben.
Zwei Zöglinge stehen nun im Mittelpunkt, wenn der FC Bayern im
Frauen-Pokalfinale in Köln auf den Seriensieger 1. FFC Frankfurt (Samstag
16 Uhr/live ZDF) trifft. Trainer Thomas Wörle, 30, und die
Mittelfeldspielerin Tanja Wörle, 31, gelten als jene Regenten, die ganz im
Sinne von Günther Wörle im Münchner Frauenfußball die Geschicke vorgeben.
Der heute 61-Jährige hatte im Sommer 2009 wegen eines Tumors an der Niere
seine Trainertätigkeit von einem Tag auf den anderen beenden müssen und
passenderweise seinen Sohn in die Verantwortung gehievt, der gerade selbst
die aktive Karriere als Zweitligaprofi aus gesundheitlichen Gründen beendet
hatte.
Schließlich wird die Frauenfußball-Abteilung des FC Bayern seit jeher im
Grunde als Familienbetrieb geführt, bei der die resolute Managerin Karin
Danner eine weitere Schlüsselrolle spielt.
## Salbungsvolle Worte
Erstmals in der Historie des deutschen Fußballs besteht die Möglichkeit,
dass ein Verein den DFB-Pokal bei Männern und Frauen gewinnt, doch ob der
ruhmreiche FC Bayern wirklich genug tut, um auch im weiblichen Segment
Trophäen und Titel zu erringen, darüber lässt sich trefflich streiten.
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat auf der DFB-Internetseite
salbungsvolle Worte gesprochen („Auch abseits der Lizenzspielerabteilung
wird erstklassige Arbeit geleistet“), während Frankfurts Manager Siegfried
Dietrich genau das Gegenteil behauptet: „Beim FC Bayern liegt im
Frauenfußball noch viel brach. Die tolle unternehmerische Struktur gäbe es
doch her, mehr zu investieren. Mit dem Namen FCB könnte man den Markt von
hinten aufrollen.“
Die Wahrheit ist ja, dass die FCB-Damen ein Mauerblümchendasein fristen.
Ihre Spielstätte liegt draußen in Aschheim, der Etat kratzt gerade an der
Millionen-Grenze. Große Sprünge sind im Verein gar nicht zwingend
erwünscht. Trainer Wörle sagt denn auch: „Wenn wir zehnmal gegen Frankfurt
spielen, verlieren wir neunmal.“ Er leitet Fußballerinnen an, die alles
daransetzen müssen, um parallel in Schule, Ausbildung oder Beruf
voranzukommen. Und doch hat es der jüngste Trainer der Frauen-Bundesliga
geschafft – nicht zuletzt dank der im Winter verpflichteten
US-Amerikanerinnen Sarah Hagen und Niki Cross –, nach 22 Jahren wieder das
Pokalfinale zu erreichen.
## Bruder und Schwester
Thomas Wörle wird demnächst wohl seinen Vertrag verlängern; er hatte nach
eigener Aussage durch seine Schwester schon länger „einen engen Bezug zum
Frauenfußball“. Dass der Trainer-Nachfolger aus den eigenen vier Wänden
kam, empfindet Tanja Wörle rückblickend als Glücksfall: „Das hat bestens
geklappt.“ Melanie Behringer, vor ihrem Wechsel nach Frankfurt zwei Jahre
beim FC Bayern, hat die Übergangsphase der Wörles mitgemacht; die
Nationalspielerin will partout nichts Schlechtes über ihren Exverein sagen,
und das liegt an der Sympathie für die fußballverrückte Familie. „Der Tom
ist professionell ohne Ende und ein richtig guter Trainer, weil er
unheimlich viel von den Männern reinbringt.“
Über die Sinnhaftigkeit solcher Quervergleiche können Endlosdebatten
geführt werden, überliefert ist auf jeden Fall, dass sich der Mann vor
knapp drei Jahren bei seinem ersten Training der Bayern-Frauen ins
Abwehrzentrum stellte und seine Spielerinnen aufforderte, Flanken oder
Pässe zu schlagen. Kein einziger Ball sei angekommen, berichteten
Augenzeugen; der Defensivspezialist, geschätzt bei den Offenbacher Kickers
und SpVgg Greuther Fürth, habe alle abgefangen.
„Am Anfang als Trainer bei den Frauen war ich vielleicht etwas
überehrgeizig“, sagt er heute, „dabei legen Frauen genauso viel
Ernsthaftigkeit und Professionalität an den Tag wie die Männer.“
11 May 2012
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Press-Schlag: „Blinde Gegnerinnen"
Turbine Potsdam ist schon wieder deutscher Meister im Frauenfußball.
Trainer Schröder schreibt das den Defiziten der Konkurrenz zu. Das Niveau
hat sich nach unten nivelliert.
Champions-League-Finale der Frauen: Frankfurt verschießt den Sieg
Die Spielerinnen von FFC Frankfurt starteten stark ins
Champions-League-Finale. Obwohl sie zeitweise besser waren als Lyon,
verloren sie das Spiel 0:2.
Champions-League-Finale der Frauen: Luxuskader muss liefern
Der 1. FFC Frankfurt will in dieser Saison wenigstens einen Titel im
Frauenfußball gewinnen. Doch im Finale gegen Olympique Lyon sind die
Hessinnen nur Außenseiter.
Die Image-Konstrukte der Pokalfinalisten: Malochermythos und Weißbieridentität
Borussia Dortmund stilisiert sich mit Hilfe einer Agentur zum Gegenentwurf
von Bayern München – das steht für einen Volksstamm, doch richtig bayerisch
ist wenig am Millionenbetrieb.
Kolumne Press-Schlag: Einen Riegel für den Schlund
Gier hat Dortmund zum Meister gemacht und alle finden das toll – bis auf
Walter und Gabi. Im alltäglichen Leben finden die beiden Nimmersatte gar
nicht toll.
Streit der Woche: Ist Sport politisch?
Politiker wollen die EM in der Ukraine boykottieren, Fußballer kritisieren
das Regime. Ihre Widersacher meinen: Sport ist unpolitisch! Und sollte es
auch bleiben.
DFB-Nominierungen für die Fußball-EM: Fast alles beim Alten
Bundestrainer Löw hat seine vorläufige Auswahl für den Kader zur
Europameisterschaft vorgestellt. 27 Spieler sind eingeladen, 23 dürfen am
Ende mitfahren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.