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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Einen Riegel für den Schlund
> Gier hat Dortmund zum Meister gemacht und alle finden das toll – bis auf
> Walter und Gabi. Im alltäglichen Leben finden die beiden Nimmersatte gar
> nicht toll.
Bild: Walter findet, Kloppo ist ein Depp, weil er für den falschen Klub arbeit…
Der Walter wäre neulich beinahe verreckt, weil er seine Leberkäsesemmel zu
schnell gegessen hat. Ohne zu kauen hat er sie im Ganzen runtergeschluckt.
Der Norarzt hat sie ihm dann wieder rausgeholt. Die Gabi hat ihn hernach
als Gierschlund bezeichnet. Da ist der Walter stinkauer geworden. Dass er
schon öfters eine Leberkäsesemmel im Ganzen runtergeschluckt hat, wenn er
Hunger gehabt habe, hat er gesagt.
Und mit Gier habe das rein gar nichts zu tun, weil er habe aus Not heraus
die Brotzeit heruntergesschlungen und nicht weil er mehr haben wollte, als
er brauchte. Und nur das könnte man als Gier bezeichnen, wenn überhaupt.
Weil die Leberkäsesemmel gerade einmal zwei Euro gekostet habe und wenn es
um Gier geht, das wisse man doch seit der Finanzkrise, dann gehe es um
Millionen und Milliarden.
Richtig in Rage hat er sich geredet, der Walter. Und es hat sich rentiert,
weil die Gabi am Ende zustimmend genickt hat. Und dann hat sie sich selbst
in eine Rage hineingeredet. Sie könne sich noch gut daran erinnern, wie das
damals war und dass die Renate ihren Job verloren hat wegen der Krise.
## Die arbeitslose Renate
Ungerecht sei das gewesen, wie der Weltmarkt damals zusammengebrochen sei,
nur weil ein paar Deppen zu gierig waren und irrsinnige Summen auf
irgendetwas gewettet haben, was es eigentlich gar nicht gibt, ein Ernte,
die ausfällt, zum Beispiel. Und dann habe keiner mehr der Firma was
abkaufen wollen und die Renate war ihre Arbeit erst mal los.
Den Gierschlund hat die Gabi zurückgenommen. Sie hat es eingesehen, dass
der Walter kein Arschloch ist, wie die Händler in den Banken welche waren,
was sogar der Köhler Horst damals gesagt habe, als er noch Präsident
gewesen sei, und außerdem wollte sie an diesem Tag jeden Streit vermeiden.
Der Walter und die Gabi hatten ja noch eine lange Autofahrt vor sich. Nach
Berlin sind sie gefahren - zum Pokalfinale am nächsten Tag im
Olympiastadion.
Und so eine Autofahrt zu zweit kann schlimm sein, wenn man sich nicht
riechen kann. Sie wissen das aus mehrfacher eigener Erfahrung. Dass sie
irgendwie auch Glück gehabt haben, hat der Walter dann gemeint, als sie im
Auto saßen. Hätte der Notarzt die Leberkäsesemmel nicht so schnell
herausbekommen, dann wäre es gar nichts geworden mit der Fahrt zum Finale.
Und schon waren sie wieder beim Thema Gier.
Und die Gabi hat den Walter gefragt, ob er den Jürgen Klopp für ein
Arschloch halte. Ein Depp sei er auf jeden Fall, hat der Walter gesagt,
weil er für den falschen Klub arbeiten würde, aber ein Arschloch, das wisse
er nicht, den Klopp würden doch alle so sympathisch finden.
## Köhler Horst würde das genauso sehen
Woraufhin die Gabi gesagt hat, dass der Klopp ein Gierschlund ist, was ja
dann schon dafür sprechen würde, dass er ein Arschloch ist. Der Köhler
Horst würde das sicher genauso sehen. Der Walter hat die Gabi mit ganz
großen Augen angesehen, hat tief Luft geholt und ganz laut gesagt, dass das
ein Wahnsinn sei, was die Gabi da gesagt habe.
Die Bayern müsste unbedingt verhindern, dass die Dortmunder den Pokal
holen. Wenn die Schwarz-Gelben wirklich gewinnen würden, wäre das ja schon
wieder ein Sieg der Gier, welche - und da versicherten sie sich noch
einmal, dass sie da einer Meinung sind - einfach scheiße sei und der Renate
den Arbeitsplatz gekostet habe. Und dann wunderten sie sich gemeinsam
darüber, dass die Gier plötzich wieder so in ist.
Der Klopp habe es selber gesagt, wie cool die Gier sei, die seine
Mannschaft habe und in der Sportbild sei das dann auch so gestanden und der
Kölner Trainer habe vor dem letzten Spiel gesagt, seine Mannschaft müsse
gierig sein, dann werde alles gut, und dann habe auch noch der Spiegel im
Internet ein Loblied auf die Gier gesungen und sogar in der FAZ war von der
guten Gier die Rede.
## An der Raststätte
Das habe sie vom Hans gehört, der könne solche Zeitungen verstehen, weil er
in der Nähe von der Uni wohne. Der Hoeneß Uli sei doch immer schon ein ganz
sozialer Typ gewesen, hat der Walter dann gemeint, und wenn er der Gier
einen Riegel vorschieben würde, dann wäre das sein größtes Werk.
Der Köhler Horst, meint die Gabi, würde es dem Uli danken, wenn er noch
einer wäre, dem man zuhören würde. Da ist dem Walter eingefallen, dass er
ja eigentlich noch immer Hunger hat, weil die Leberkässesemmel nie unten
angekommen ist. Sie haben dann an einer Raststätte eine Pause gemacht und
der Walter hat sich Geschnetzeltes mit Reis bestellt. Zur Sicherheit.
11 May 2012
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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