| # taz.de -- Desaster für die CDU in NRW: Der Untergang des Hoffnungsträgers | |
| > Von wegen Niederlage. Die CDU erlebt in NRW ein Desaster. Mit dem | |
| > sofortigen Rücktritt Norbert Röttgens ist das Experiment gescheitert, | |
| > Politprominenz als Landeschefs zu installieren. | |
| Bild: Kraft hat gut Lachen: Röttgen wird abgeschminkt. | |
| Eine Niederlage hatte sich zwar abgezeichnet – aber mit diesem Desaster | |
| hatte die Union nicht gerechnet. Das zeigen die entgeisterten Gesichter der | |
| wenigen Parteianhänger, die am Sonntagabend in die Parteizentrale an der | |
| Düsseldorfer Wasserstraße gekommen sind. | |
| „Die Niederlage ist bitter, sie ist klar – und sie tut richtig weh“, sagt | |
| Norbert Röttgen nur Minuten nach Bekanntgabe der ersten Prognosen. Gerade | |
| einmal 26 Prozent hat der Spitzenkandidat eingefahren – und damit das mit | |
| Abstand schlechteste CDU-Ergebnis bei einer nordrhein-westfälischen | |
| Landtagswahl jemals erzielt. Dabei hatte es schon 2010 lange Gesichter bei | |
| den Christdemokraten gegeben – doch damals galten schon 34,6 Prozent als | |
| Ausreißer nach unten. | |
| Die Konsequenz zog der Herausforderer schnell: Um 18 Uhr und zwölf Minuten | |
| trat er als Landesvorsitzender der CDU zurück. Das Wahldebakel sei vor | |
| allem auf ihn persönlich zurückzuführen, stellte Röttgen klar. Schließlich | |
| sei der Wahlkampf auf ganz seine Person zugeschnitten gewesen. Deshalb | |
| führe „ganz zwingend dazu“, dass er „die Führung des Landesverbandes | |
| abgeben werde“. Als mögliche Nachfolger Röttgens gelten der ehemalige | |
| Integrationsminister der 2010 abgewählten Regierung Rüttgers, Armin Laschet | |
| – und der amtierende CDU-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, | |
| Karl-Josef Laumann. | |
| ## Viel zu selten präsent | |
| Mit dem Untergang des Umweltministers von Kanzlerin Angela Merkel | |
| gescheitert ist ein Experiment, das Ende 2010 von der Basis per | |
| Mitgliederentscheid beschlossen worden war: Die Partei sollte in NRW mit | |
| einem prominenten Bundespolitiker als Landeschef punkten. Vergeblich hatten | |
| Unterstützer seines innerparteilichen Konkurrenten Laschet gewarnt, ein | |
| Berliner Minister sei in der Hauptstadt viel zu stark eingespannt und | |
| deshalb in Düsseldorf viel zu selten präsent. Sie erinnerten an Norbert | |
| Blüm: Auch Helmut Kohls Arbeitsminister konnte der Union in NRW keinerlei | |
| Machtperspektive bieten. | |
| Innerhalb des nächsten Monats soll ein Parteitag jetzt einen neuen | |
| Landesvorsitzenden wählen. Ob Laschet und Laumann tatsächlich gegeneinander | |
| antreten, blieb am Wahlabend unklar. Der aus Neuss stammende | |
| CDU-Bundesgeneralsekretär Hermann Gröhe, der am Rhein schon selbst als | |
| möglicher Parteichef gehandelt worden war, betonte dagegen, er sehe seine | |
| Zukunft in Berlin. | |
| ## Kaum verhohlener Hass | |
| Dort werde auch Röttgen seine Arbeit „mit ganzem Einsatz | |
| fortsetzen“gesamten, versicherte Gröhe. Beenden wollte der Bundesgeneral | |
| damit Gerüchte, Röttgen können auch seinen Berliner Kabinettsposten | |
| verlieren – in Düsseldorf begegnen einige Christdemokraten Röttgen | |
| mittlerweile mit kaum verhohlenen Hass. | |
| Denn der 46-Jährige hat sich die Abfuhr der WählerInnen selbst | |
| zuzuschreiben. Mit seiner Weigerung, notfalls auch als Oppositionsführer im | |
| Landtag Platz zu nehmen, demotivierte Röttgen Anhänger wie Parteifreunde – | |
| und galt in NRW als Kandidat auf Durchreise. | |
| Seine Inhalte hatte er auf wenige Kernthemen reduzuiert, Hannelore Kraft | |
| zur „Schuldenkönigin“ erklärt, ohne eigene Sparvorschläge zu machen. Auch | |
| sein Versprechen, die „Energiewende nach Nordrhein-Westfalen zu bringen“, | |
| nahm dem Minister kaum jemand ab, als er nicht mal seine Solarpläne durch | |
| den Bundesrat bekam. „Ich habe verloren“, bilanzierte er, eingerahmt vom | |
| CDU-Landesvorstand, deshalb am Wahlabend bitter: „Es war mein Wahlkampf.“ | |
| 13 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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