# taz.de -- Elke Heidenreich über den Nannen-Preis: „Chefredakteure raus!“ | |
> Die Ex-Jurorin des Henri-Nannen-Preises, Elke Heidenreich, fordert | |
> Reformen in der Jury. Sie kritisiert die Auszeichnung der „Bild“, die den | |
> Preis beschädigt habe. | |
Bild: „Aber der Beitrag des männlichen Schreibers war auch gut.“ Frau Heid… | |
taz: Frau Heidenreich, was regt Sie mehr auf: Die Verleihung des | |
Henri-Nannen-Preises an Bild oder der Umstand, dass unter den Preisträgern | |
ausschließlich Männer waren? | |
Elke Heidenreich: Eindeutig der Henri-Nannen-Preis an Bild. Das ist, selbst | |
wenn die beiden Preisträger gut recherchierende Journalisten sein mögen, | |
nicht die Art Zeitung, die für soliden Journalismus steht. Da können die | |
noch so viel Kreide fressen. Das ist eine Zeitung, die Wichtiges auf | |
denunziatorische Schlagzeilen reduziert und viel Unheil anrichtet. | |
Ist der Preis nun beschädigt? | |
Eindeutig, ja. Ein Henri Nannen hätte nie einen Preis an Bild vergeben. Und | |
die schleimige Doppelvergabe an Bild und Süddeutsche Zeitung hat es | |
gänzlich verlogen gemacht. Die Süddeutsche hat den Preis zu Recht nicht | |
angenommen. | |
Teilen Sie die Kritik, dass der Nannen-Preis „zu männlich“ sei? | |
Dass es keinen weiblichen Preisträger gab, halte ich nicht für einen | |
Skandal, nur für schade. Ich hätte es zum Beispiel beiden nominierten | |
Frauen in der Kategorie Essay, die ich ja vorgestellt habe, gewünscht zu | |
gewinnen. Aber der Beitrag des männlichen Schreibers war auch gut. | |
Wo liegt die Ursache für den Mangel an Frauen? | |
Ich weiß es wirklich nicht. Ich finde das auch bedenklich, aber ich schwöre | |
es: Das war nie ein Thema während meiner Zeit in der Jury. Ich möchte an | |
Zufall glauben, aber vielleicht ist es auch die schiere Menge – es reichen | |
viel mehr Männer ein als Frauen. | |
Würde eine Quote in der Jury helfen? | |
Man traut es sich ja kaum zu sagen, aber ich bin strikter Feind jeder | |
Quote. Ich finde, nur die Qualität zählt, und wo das Geschlecht sichtbar | |
diskriminiert wird, bitte sehr, sofort dagegen kämpfen. Aber Quote halte | |
ich für sinnloser als Qualität. Allerdings tut man sich als Frau unter | |
diesen oft sehr von sich eingenommenen Männern mitunter schwer, gehört und | |
ernst genommen zu werden. Ich war nach den Jurysitzungen immer tief | |
deprimiert, dabei bin ich schon eine Kämpferin. Aber es strengt an, allein | |
gegen so viele Männer mal etwas anderes durchzusetzen. | |
„Netzwerk Recherche“ fordert, dass nicht überwiegend machtstrategisch | |
orientierte ChefredakteurInnen in der Jury sitzen sollten, sondern | |
unabhängigere ExpertInnen. | |
Das unterschreibe ich sofort. Es heißt zwar immer, Zurückhaltung bei der | |
Diskussion über Beiträge aus dem eigenen Haus, aber daran wird sich nicht | |
wirklich gehalten. Da müssen gute, kluge, freie Köpfe sitzen. Journalisten, | |
die einen Beitrag sprachlich und inhaltlich richtig beurteilen können und | |
nicht Chefredakteure mit Druck im Nacken – Die Stern-Chefredakteure | |
vielleicht ausgenommen, weil die den Preis schließlich großzügig ausrichten | |
und übrigens auch nie durch parteiliche Stellungnahmen aufgefallen sind. Im | |
Gegensatz zu anderen Herren, die dann schon mal gern die Contenance | |
verloren. Also: Chefredakteure raus aus der Jury, und dann wieder neu und | |
ehrlich anfangen! | |
Wie fanden Sie die Verleihung des Nannen-Preises: stilvoll oder dekadent? | |
Der Nannen-Preis hat für mich immer das klügste und eleganteste Fest | |
ausgerichtet – verglichen mit den unsäglichen Fernsehpreisabenden von ARD | |
und ZDF. Dieses Mal hat der Nannen-Preis aber erstaunlich viele | |
Stolpersteine gehabt. Die Moderatorin Judith Rakers musste sich blöde | |
Komplimente anhören. Die Kabarett-Einlagen waren bodenlos schlecht und die | |
Inszenierung – Preisträger sitzen auf der Bühne – vielleicht ehrenvoll | |
gedacht, aber ungünstig. | |
Weshalb? | |
Sitzen Sie mal als Frau im Rock mit hohen Absätzen drei Stunden erhöht vor | |
Publikum. | |
14 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Dachsel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Über die Verharmlosung des Springer-Blatts: Alles halb so wild mit „Bild“? | |
Gegen die Entideologisierung: Von einem Chefredakteur, der auszog, anderen | |
das Fürchten zu nehmen. Und wie ihm dieses Unterfangen bei der Mehrheit | |
gelang. | |
Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
Wie Berlins Flughafen Brandt ehrt, wer hinter Schlecker steckt und wie wir | |
es als Griechen machen würden. | |
Kommentar Henri-Nannen-Preis für „Bild“: Feige und falsch | |
Die Entscheidung des Teils der Jury des Nannen-Preises, die sich für die | |
Auszeichnung der „Bild“ entschieden hat, ist falsch. Der Jury fehlt, was | |
vielen im Umgang mit dem Blatt fehlt: Courage. | |
Halbe Ehrung für die "Bild": Eklat beim Henri-Nannen-Preis | |
Die „Bild“-Zeitung wird für ihre Berichterstattung über die Wulff-Affäre | |
mit renommiertem Journalistenpreis ausgezeichnet. Die "Süddeutsche Zeitung" | |
lehnt daraufhin eine Ehrung ab. | |
Wie Wulff der „Bild“ zum Preis verhilft: Die Phasen einer Freundschaft | |
Die „Bild“-Zeitung ist für einen wichtigen Journalistenpreis nominiert. | |
Bedanken muss sich das Blatt bei Christian Wulff, behauptet die | |
Otto-Brenner-Stiftung. |