# taz.de -- Zoff um Mediaspree-Ufer: Flanieren - immer hart am Ufer | |
> Kreuzberg soll ab Herbst eine durchgängige Spreeuferpromenade bekommen. | |
> "Mediaspree versenken": Bürgerwille wird missachtet. | |
Bild: Auch sie wollen den freien Zugang zum Wasser: Mediaspree-Gegner. | |
Die Initiative „Mediaspree Versenken“ kritisiert die Pläne einer neuen | |
Promenade am Kreuzberger Spreeufer als inkompatibel mit dem Bürgerentscheid | |
von 2008. Für Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) ist das Vorhaben | |
ein „großer Wurf“. | |
Bis Ende 2013 will Friedrichshain-Kreuzberg das Kreuzberger Spreeufer | |
durchgängig flanierbar machen. Zuerst soll – „im besten Fall schon im | |
Spätherbst“, so Schulz – ein Promenadenweg von der Schillingbrücke bis zur | |
Brommystraße eröffnet werden. Auf einem fünf bis 20 Meter breiten Weg, | |
teils aus vorhandenem Kopfsteinpflaster, teils aus Beton, könnte direkt am | |
Fluss spaziert werden. | |
Dann soll die Promenade ostwärts am May-Ayim-Ufer bis zur Oberbaumbrücke | |
fortgebaut werden – auf Stegen. Dort, vorm Restaurant „Rio Grande“, ist | |
auch ein Bootsanleger geplant. Die Stege sollen 2013 schließlich bis zur | |
Lohmühleninsel weitergeführt werden. Dort plant der Bezirk einen | |
öffentlichen Park. | |
Der erste Abschnitt soll 1,5 Millionen Euro kosten, finanziert über das | |
Förderprogramm „Stadtumbau West“. Mit den am Ufer gelegenen Firmen – der | |
Berliner Hafen- und Lagergesellschaft Behala, der Berggruen-Holding und der | |
„Alten Heeresbäckerei“ – hat der Bezirk laut Schulz bereits Verträge ü… | |
den Uferweg vereinbart oder geschlossen. Besonders Berggruen hatte sich | |
gegen die vom Bezirk geplante Wegführung gesträubt – aber vor einer Woche | |
doch den Vertragsentwurf unterzeichnet. | |
Der Grüne lobt das Promenadenprojekt als „tolle Attraktion“, um den Fluss | |
„wieder erlebbar zu machen“. Noch aber hänge das Vorhaben an der | |
Senatsbauverwaltung, wo die Pläne seit Herbst 2011 geprüft würden. Dort war | |
am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten. Der Bezirk rechnet damit, dass | |
die Mittel Anfang Juli freigegeben werden, wenn das Land nach Beschluss des | |
Landeshaushalts die Haushaltssperre für die Bezirke aufhebt. | |
Als nicht weitreichend genug kritisiert die Initiative „Mediaspree | |
Versenken“ die Uferpläne. Ein Sprecher verweist auf den Bürgerentscheid von | |
2008. Damals hatten 87 Prozent der Friedrichshain-Kreuzberger für einen 50 | |
Meter breiten, öffentlich zugänglichen Spreeufer-Zugang votiert. Die neue, | |
maximal 20 Meter breite Promenade sei nichts anderes als die schon 2008 vom | |
Bezirk zur Wahl gestellte Variante, so der Initiativensprecher. Die setze | |
der Bezirk nun durch, obwohl die Bürger das nicht wollten. „Schulz muss | |
endlich die Forderungen des Bürgerentscheids vertreten und nicht seine | |
eigenen Vorstellungen.“ | |
Der Bezirksbürgermeister kontert, die Promenade sei der Versuch, „das | |
Optimum aus dem Entscheid rauszuholen“. So werde es auf dem Behala-Gelände | |
einen 30 Meter breiten unbebauten Streifen plus ein 20 Meter breites | |
„Spreefenster“ geben: einen öffentlichen Zugang von der Köpenicker Straße | |
zum Fluss. Ein solches „Fenster“ sei auch für das Zapf-Gelände östlich d… | |
Heeresbäckerei geplant, so Schulz. Auch der Park auf der Lohmühlen-Insel | |
werde die 50 Meter erfüllen. Anderenorts, etwa vor der Heeresbäckerei, | |
könne dies aus Gründen des Denkmalschutzes nicht durchgesetzt werden. | |
Die Spreeufer-Aktivisten dürfte das kaum zufrieden stellen. Sie trommeln zu | |
einem Aktionstag am 14. Juli – wenn das vierjährige Jubiläum des | |
Bürgerentscheids begangen wird. „Daimler, Coca-Cola, neue Einkaufszentren | |
und Hochhäuser entstehen an der Spree“, heißt es in einem Aufruf: „Uns | |
reicht’s!“ | |
Auch Militante mischen sich unter die Gegner. Anfang April zerschlugen | |
Unbekannte Scheiben des „Rio Grande“-Restaurants und warfen Tische und | |
Stühle in die Spree. An der Wand hinterließen sie den Schriftzug „Fuck Off | |
Yuppie“. | |
Bereits Ende März war das „BMW Guggenheim Lab“ nach Drohungen aus der | |
linken Szene vom Kreuzberger Spreeufer geflüchtet. Das Lab sollte ab | |
kommender Woche auf einer Brache an der Cuvrystraße stattfinden – einem der | |
wenigen Orte, die heute schon freien Zugang zur Spree gewähren. | |
15 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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