# taz.de -- Biograf über Axel Springer: „,Bild` ist ein höchst modernes Bla… | |
> Springer-Biograf Tim von Arnim spricht über den Frauenhelden Axel | |
> Springer, seinen Human-Interest-Journalismus und fehlende Innovationen. | |
Bild: Hätte gerade seinen 100. Geburtstag gehabt: Axel Springer. | |
sonntaz: Herr von Arnim, was unterschied Axel Springer von anderen | |
Firmenbossen seiner Zeit? | |
Tim von Arnim: Da sind einmal die Eigenschaften von Axel Springer als | |
Verleger – diese Vision, einen Journalismus zu machen, der die emotionale | |
Wirkung in den Mittelpunkt stellt. „Den Leser im Bezirk des Seelischen | |
erreichen“, so hat er das selbst genannt – und diesen | |
Human-Interest-Journalismus mit dem Hamburger Abendblatt und dann mit der | |
Bild-Zeitung konsequent umgesetzt. Damit war er höchst modern – und bis | |
heute, 60 Jahre später, ist Bild ein höchst modernes Blatt. | |
Wie viel hat die Persönlichkeit Axel Springers mit seinem unternehmerischen | |
Erfolg zu tun? | |
Seine Persönlichkeit hat sein Verlegertum perfekt untermauert. Er war ein | |
Mensch mit einer hohen Sensibilität, der die Wirkung von Medien und die | |
Wünsche der Leser erspürt hat. Also nicht in erster Linie der kalte | |
Rechner. Springer legte eine große Empfindsamkeit an den Tag – was auch | |
bedeutete, dass er von den Auseinandersetzungen um sein Haus und seine | |
Person sehr verletzt war. Dazu kam eine ausgeprägte Leidenschaft, aus der | |
er extreme Kräfte entwickeln konnte, wenn er etwas erreichen wollte – im | |
Verlag, wie in seinem politischen Engagement … | |
… oder in der Damenwelt, seinem Freund, Horst-Herbert Alsen, hat er gleich | |
zwei Frauen ausgespannt. | |
Oder in der Damenwelt. Und vergessen Sie in diesem Zusammenhang nicht sein | |
Charisma: Er muss Mitarbeiter unglaublich motiviert, mitgenommen haben – | |
die großen Redakteure der Anfangszeit haben später gesagt, „er nahm uns aus | |
wie Weihnachtsgänse“. All diese Eigenschaften machten erst den gesamten | |
Springer aus – und seinen Erfolg möglich. | |
Sprechen wir über die „Verletzungen“ des Axel Springer: Wie sehr haben die | |
politischen Auseinandersetzungen der 60er und 70er Jahre dem Unternehmen | |
geschadet? | |
Es gab klare wirtschaftliche Einbußen, schon die stärkere Politisierung der | |
Springer-Blätter ab Anfang der 60er Jahre hat Leser verprellt. Das hat | |
Auflage gekostet. Und sich sofort mit Millionen in der Kasse | |
niedergeschlagen. Die Welt hat sich durch die damalige Politisierung in | |
eine publizistische Ecke manövriert, mit der sie bis heute kämpft – und | |
früher bis zu 40 Millionen Mark im Jahr Verlust gemacht. | |
Was fehlte Springer ohne Springer – also nach dem Tod des Verlagsgründers | |
1985? | |
Schon in den letzten Jahren fehlte ganz generell der unternehmerische | |
Impetus, wichtige Weichen blieben ungestellt, zum Beispiel im | |
Fernsehbereich, als 1984 das Privatfernsehen eingeführt wurde. Da hat der | |
Konzern mit einer kleinen Beteiligung eher zugesehen, erst Jahre später gab | |
es im Fernsehbereich mehr Bewegung, bis 2006 dann der geplante Kauf der | |
ProSieben-Sat.1-Sendergruppe vom Kartellamt gestoppt wurde. | |
Wird es sich noch mal rächen, dass Springer den Einstieg ins TV-Geschäft | |
verpasst hat? | |
Lange Zeit hätte man die Frage wohl mit „Ja“ beantwortet, mit Blick auf die | |
digitale Welt sieht das heute anders aus: Hier könnte Springer ohne den | |
Ballast einer klassischen TV-Sparte ins Geschäft mit bewegten Bildern | |
einsteigen. | |
Von der Innovationskraft des Verlagsgründers ist aber heute nicht mehr viel | |
zu merken! Die beschränkt sich wie bei der Welt kompakt darauf, die Zeitung | |
auch mal ’ne Nummer kleiner zu machen … | |
Die Axel Springer AG befindet sich in der deutschen Medienlandschaft in | |
bester Gesellschaft, wenn es um Innovationen geht. | |
Das meinen Sie jetzt aber ironisch, denn da ist ja nirgendwo so schrecklich | |
viel los! | |
Ja, da ist eher fehlende Innovationskraft, auf die großen strukturellen | |
Herausforderungen der digitalen Welt zu reagieren. Digitale Innovationen | |
kommen derzeit grundsätzlich nicht von etablierten Verlagshäusern – sie | |
haben keine innovativen Antworten auf die neuen Fragen, von einigen Apps | |
einmal abgesehen. Springer expandiert zwar digital, doch diese Angebote | |
haben nicht mehr so schrecklich viel mit dem publizistischen Kerngeschäft | |
eines Medienhauses zu tun. Auch der redaktionelle Inhalt hat weiter eine | |
hohe Bedeutung im digitalen Zeitalter – gerade ein Blatt wie Bild, das | |
täglich über zehn Millionen Leser erreicht, ist ein ideales Objekt, um ein | |
digitales Geschäft aufzubauen. | |
Der Verleger – auch 27 Jahre nach seinem Tod durch nichts zu ersetzten? | |
Oder ist Mathias Döpfner Springer 2.0? | |
Nein, es gibt schon fundamentale Unterschiede zwischen dem journalistischen | |
Revolutionär und Unternehmensgründer Axel Springer und einem heutigen | |
Konzernchef. Das gilt für die Herren Daimler oder Benz im Vergleich zum | |
heutigen Mercedes-Chef Dieter Zetsche übrigens genauso. Allerdings stimmt, | |
dass Springers Spirit bis heute gepflegt wird. Döpfner hat sicher ein | |
stärkeres Bewusstsein für das verlagshistorische Erbe als viele seiner | |
Vorgänger. | |
18 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Axel Springer | |
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