# taz.de -- Blockupy-Proteste: "Das schürt nur Reformillusionen" | |
> Die politische Aktivistin Marlies Sommer glaubt nicht, dass der | |
> Kapitalismus durch Umverteilung sozialer wird. Bei Blockupy war sie | |
> trotzdem dabei. | |
Bild: Er sieht das offensichtlich anders als Malies Sommer: Blockupy-Demonstran… | |
taz: Frau Sommer, viele Blockupy-Demonstranten wollen ein Ende der | |
„europäischen Verarmungspolitik“, Griechenland soll sich nicht zu Tode | |
sparen müssen. Sie geißeln das als Linksreformismus. Warum? | |
Marlies Sommer: Weil es naiv ist zu glauben, dass man den Kapitalismus | |
durch Umverteilungspolitik sozialer machen kann. Etwa nach dem Motto: „Geld | |
ist genug da“ – dieser Slogan war am Samstag auf der Demo zu hören. | |
Was ist daran falsch? | |
Kapitalistische Staaten sind dazu da, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu | |
produzieren, da gibt es kein Vertun. Öffentliche Wohlfahrt ist diesem Ziel | |
grundsätzlich untergeordnet. Diese Logik der Standortkonkurrenz lässt sich | |
nicht durch Umverteilungspolitik austricksen. | |
Aber es gibt Stellschrauben, wie viel in welchen Taschen landet – und ob | |
das zum Leben reicht oder eben nicht. | |
Attac will die Kapitalertrags- und Finanztransaktions-, die Linke die | |
Vermögenssteuer. Das schürt nur Reformillusionen und kratzt nicht mal an | |
der Oberfläche von Standortkonkurrenz, Verwertungszwang und | |
Lohnabhängigkeit. Soziale Zugeständnisse gibt es nur, wenn die | |
Produktivität stimmt – denn sonst geht das Kapital woanders hin. | |
Sozialstaat und autoritäre Arbeitsverwaltung gehen Hand in Hand. | |
Das heißt, die Linkspartei und Attac sollten ihre Reformbemühungen | |
einstellen? | |
Sie sollen nicht so tun, als sei ein zweiter Fordismus möglich oder | |
wünschenswert. Dieses Modell hat sich erledigt. Was bei den Sozialreformen | |
bestenfalls herauskommt, sind Teilerfolge für deutsche Lohnabhängige. Aber | |
was umverteilt werden soll, muss in der Standortkonkurrenz immer ganz | |
konkret gegen andere erstritten werden. Deutschlands Erfolge sind nicht | |
ohne die Niederlagen anderer Länder zu haben. Das Gleiche gilt für alle | |
EU-Wachstumszonen. | |
Was fordern Sie? | |
Die Sozialdemokraten aller Parteien wollen das Modell schuldenfinanzierten | |
Wachstums – auch in Griechenland – fortsetzen. Nötig ist aber, den | |
kapitalistischen Markt zurückzudrängen. In vielen griechischen Kommunen | |
sehen wir heute, dass aus der Not heraus die öffentlich Versorgung – | |
Wasser, Elektrizitätsversorgung, Krankenhäuser – jetzt selbst organisiert | |
werden kann. Das zeigt, dass es grundsätzlich möglich ist, die | |
gesellschaftlichen Bedürfnisse ohne kapitalistischen Markt zu organisieren. | |
Das ist auch eine Frage von Enteignung. | |
20 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
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