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# taz.de -- Kommentar Verfassungsschutz: Ein Fall für Bürgerrechtler
> Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der geplanten Verschärfung ist
> es in der Politik bisher erstaunlich ruhig. Die Opposition taucht ab, die
> FDP schweigt.
Die Änderung klingt minimal, die Auswirkungen wären es nicht. Versteckt im
umfangreichen Jahressteuergesetz und unter dem Vorwand, die Finanzbehörden
zu entlasten, will die Regierung die Macht des Verfassungsschutzes
gegenüber politischen Verbänden gewaltig ausweiten: Eine Einstufung als
extremistisch soll künftig ohne weitere Prüfung zum Verlust der
Gemeinnützigkeit führen, was wegen des Wegfalls der steuerlichen
Absetzbarkeit von Spenden und Mitgliedsbeiträgen die betroffenen
Organisationen existenziell bedrohen kann.
Ausgerechnet in Zeiten, da die Verfassungsschützer wegen ihres Versagens
beim Nazi-Terror massiv in der Kritik stehen, würde ihre Rolle aufgewertet:
Die Berichte der Behörden, deren Zustandekommen öffentlich kaum überprüft
werden kann, würden künftig nicht nur als Entscheidungsgrundlage dienen,
sondern unmittelbare rechtliche Folgen haben.
Und auch wenn aktuell wohl nur wenige Organisationen von der Änderung
betroffen wären: Das könnte sich ändern. Der Verdacht, dass über eine
Nennung im Verfassungsschutzbericht Organisationen gezielt finanziell
geschädigt werden sollen, würde in Zukunft immer mitschwingen und die
Vorbehalte gegen den Geheimdienst weiter steigern.
Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der geplanten Verschärfung ist es
in der Politik bisher erstaunlich ruhig. Die Opposition, die einer ersten
Einschränkung der Gemeinnützigkeit vor drei Jahren noch zustimmte, sieht
die nun geplante Verschärfung zwar kritisch; die Regierungskoaliton aber
taucht ab: Das Justizministerium, das sich sonst gern als Verteidiger der
Freiheitsrechte sieht, lehnt einen Kommentar zu den Plänen des
Finanzministeriums bisher ab. Auch die FDP-Fraktion schweigt. Wenn es dort
noch Bürgerrechtler gibt, die eine Machtausweitung des Verfassungsschutzes
kritisch sehen, sollten sie allmählich aufwachen.
21 May 2012
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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