# taz.de -- Streit um die Grünen und Blockupy: Das große Versteckspiel | |
> Polizei und konservative Politiker haben sich bei den Blockupy-Protesten | |
> in Frankfurt nicht mit Ruhm bekleckert – klar. Aber wo waren eigentlich | |
> die Grünen? | |
Bild: Blockupy-Proteste: All die großen Worte und schönen Sätze der Grünen … | |
FRANKFURT taz | Die Grünen sind für die Versammlungsfreiheit. Denn diese | |
gehört „zu den höchsten Gütern unserer Demokratie“, sagen die Frankfurter | |
Vertreter der Partei. Deshalb sind sie auch „für das Recht auf gewaltfreie | |
Proteste“. Behaupten sie zumindest. Der französische Philosoph Jean-Paul | |
Sartre sagte: „Es gibt Wirklichkeit nur in der Tat.“ Legt man diesen | |
Maßstab an die Frankfurter Grünen an, zeigt sich: Ihr Ruf als | |
Bürgerrechtspartei ist nach dem Streit über das Pauschalverbot der | |
Blockupy-Proteste stark beschädigt. Sie haben den Eindruck verstärkt, vor | |
allem für die Koalitionsräson und den damit verbundenen Machterhalt | |
einzutreten. | |
Denn all die großen Worte und schönen Sätze blieben Lippenbekenntnisse. So | |
formuliert, dass sie niemandem schaden – erst recht nicht dem | |
Koalitionspartner, der CDU in Frankfurt am Main. Die hatte versucht, | |
sämtliche Blockupy-Proteste über vier Tage hinweg zu verbieten, und die | |
Stadt zu einer Sperrzone gemacht. Massenhafte Platzverweise und repressive | |
Polizeitaktik inklusive. | |
Und die einst aus einer Umwelt- und Bürgerrechtsbewegung hervorgegangenen | |
Grünen? Ihre Mandatsträger, eher dem Realo-Flügel zugeordnet, haben sich | |
hinter Floskeln versteckt: Die Verbote, so der Fraktionsvorsitzende Manuel | |
Stock, seien „ein reiner Verwaltungsakt im Verantwortungsbereich des | |
CDU-Ordnungsdezernenten“ gewesen. Eine europaweit in den Medien diskutierte | |
Einschränkung der Grundrechte – ein Verwaltungsakt? | |
Ob die Partei die Dimension eines faktischen mehrtägigen | |
Versammlungsverbots, das bisher in kaum gekannter Weise Freiheitsrechte | |
einschränkte, schlichtweg nicht erkannte oder sich bewusst wegduckte, lässt | |
sich nicht mit Sicherheit sagen. Es fehlte entweder an einer sensiblen | |
Wahrnehmung für ureigene Anliegen oder an dem Mut, dieser Wahrnehmung | |
Konsequenzen folgen zu lassen. Fatal wäre beides. | |
## Innerparteiliche Kritik | |
Inzwischen wird innerparteiliche Kritik laut, vor allem von der grünen | |
Jugend, die sich aktiv an den Protesten beteiligte. „Immer wenn es bei den | |
Grünen zu staatstragend wird, kommt Widerstand auf“, sagt der | |
Bundestagsabgeordnete Tom Koenigs. Er gehört ebenso wie Daniel Cohn-Bendit | |
zu den grünen Gründervätern und Exil-Frankfurtern, die die grüne Jugend | |
unterstützen und die zweite Generation der Frankfurter Grünen, die heutigen | |
Mandatsträger, immer wieder kritisieren. | |
Doch auch die Wähler des eher bürgerlichen grünen Kreisverbandes sind nur | |
bedingt für Konservatives zu begeistern. Das zeigte die | |
Oberbürgermeisterwahl im März, als jene grünen Mandatsträger eine | |
Wahlempfehlung für den als Hardliner geltenden CDU-Kandidaten Boris Rhein | |
abgeben wollten. Es kam zu ähnlichen Grabenkämpfen wie heute, die Grünen | |
enthielten sich offiziell einer Fürsprache. Rheins SPD-Konkurrent gewann | |
die Wahl überraschend klar, sehr wahrscheinlich mit den Stimmen vieler | |
grüner Wähler. | |
Enttäuschung bei ihrer früheren Klientel provozierten Fraktionsgrüne auch | |
mit der Enthaltung beim Thema Flughafenausbau. Da müssen die Mandatsträger | |
aufpassen, dass sie nicht vom Wähler abgestraft werden und verlieren, was | |
ihnen am wichtigsten scheint: ihre Ämter. | |
23 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
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