# taz.de -- Klippenspringen wird WM-tauglich: Mit ner Klatsche von der Klippe | |
> Klippenspringen wird vom Schwimmweltverband zur offiziellen Sportart | |
> gemacht. Das freut vor allem Red Bull, den Veranstalter der Cliff Diving | |
> World Series. | |
Bild: Will Kent De Mond aus den USA kneift lieber die Augen zu – Klippensprin… | |
18 Meter betrug der Abstand zwischen offiziellem Sport und einer | |
Marketingveranstaltung. Doch mit der Aufnahme von Klippenspringen in das | |
Programm der Schwimm-WM 2013 in Barcelona ist diese Grenze verwischt. | |
Fortan werden nicht mehr die Wettbewerbe vom 10-Meter-Turm die Highlights | |
im Wasserspringen sein, sondern Outdoor-Veranstaltungen, bei denen Athleten | |
halsbrecherische 28 Meter zu überwinden haben, bevor sie mit einer | |
Geschwindigkeit von 90 Sachen ins Wasser eintauchen. | |
Red Bull, der Veranstalter der Cliff Diving World Series, einem Weltcup, | |
der im Juni in seine vierte Saison startet, hat es geschafft. Mit einer | |
aggressiven Marketingstrategie, viel Geld und fernsehtauglichen | |
Wettbewerben an spektakulären Orten ist es gelungen, einen Extremsport, der | |
vor allem dazu dient, mehr Brause zu verkaufen, zur offiziellen Sportart zu | |
machen. Konzernsprecherin Katrin Strobl bestätigt: „Der Wunsch war immer | |
da, offiziell anerkannt zu werden.“ Verwunderlich ist das nicht, | |
schließlich wird sich mit der Entscheidung des Schwimm-Weltverbands Fina | |
die Aufmerksamkeit für Cliff Diving weiter steigern und damit die mediale | |
Präsenz des österreichischen Unternehmens. | |
Im Verband zeigte man lange Zeit kein Interesse an dem Sport, der weltweit | |
nur von circa 300 Athleten betrieben wird. Erst Anfang dieses Jahres wurde | |
unter dem Dach der Fina eine Cliff-Diving-Kommission eingesetzt, bestehend | |
aus Fina- und Red-Bull-Vertretern. Der Konzern behält somit die | |
Möglichkeit, auch unter dem offiziellen Dach an allen Entscheidungen | |
beteiligt zu sein. Bei einem Treffen zwischen der Verbandsspitze und | |
Konzernvertretern Ende April in Mexiko wurde die Zusammenarbeit bekräftigt. | |
Neben der Aufnahme in den Kalender der Weltmeisterschaft in Barcelona wurde | |
über eine Beteiligung der Fina an den World Series verhandelt. | |
Die Schützenhilfe des Weltverbands für Red Bulls Marketingstrategie sieht | |
Michael Geissbühler, Mitglied im Springer-Komitee der Fina, entspannt. Die | |
Aufnahme von High-Diving-Wettbewerben sei eine „Win-win-Situation für beide | |
Seiten“. So finden die World Series ein „Zuhause“ und der Verband eine | |
„funktionierende Struktur, einen finanzstarken Sponsor und die Möglichkeit, | |
auf einen zuschauerstarken Trend aufzuspringen“. Letzteres dürfte für den | |
jüngsten Sinneswandel im Schwimmverband ausschlaggebend sein. Die Springen | |
der World Series sind Events, die Tausende, vor allem junger Zuschauer | |
anlocken. Das ist bei gewöhnlichen Wettbewerben im Wasserspringen nicht so. | |
Im Weltcup, der jetzt auf Korsika in seine vierte Saison startet, werden | |
elf Athleten an den Start gehen, darunter der Kolumbianer Orlando Duque, | |
einer der Pioniere des Cliff Diving, und der britische Vorjahressieger Gary | |
Hunt. Alain Kohl, Sechstplatzierter des Weltcups im vergangenen Jahr, freut | |
sich über die Aufwertung seiner Sportart. Für ihn ist damit „ein guter | |
Schritt vorwärts“ getan, um die Sportart „noch bekannter“ zu machen. Gut | |
verdienen konnten die Sportler an den Events bislang nicht; einzig Red Bull | |
dürfte ausreichend profitiert haben. Die Gefahr, nur als | |
Marketinginstrument zu dienen, sieht Kohl nicht. Stattdessen freut er sich | |
über die Professionalisierung und betont den „familiären Zusammenhalt“ | |
innerhalb der World Series. | |
Die Aufwertung des Klippenspringens könnte dazu beitragen, dass sich die | |
Familie bald vergrößert. Zwar denken laut Kohl viele Wasserspringer, „dass | |
wir einen an der Klatsche haben“, andererseits gibt es ein steigendes | |
Interesse in der Szene. Oder wie es Red-Bull-Sprecherin Strobl ausdrückt: | |
„Nach 20 Jahren im Schwimmbad wird vielen einfach langweilig.“ Doch zum | |
Massenphänomen wird sich Cliff Diving auch nach einer erfolgreichen | |
WM-Premiere im Hafen von Barcelona sicher nicht entwickeln. Dafür ist der | |
Sport erstens zu gefährlich und bietet zweitens viel zu wenige | |
Trainingsmöglichkeiten. | |
Das Klippenspringen wird bleiben, was es ist: Ein elitärer Sport für ein | |
paar verrückte, hochprofessionelle Sportler, ein Event, das viele Zuschauer | |
anzieht. Und vor allem bleibt er auch unter dem offiziellen Dach des | |
Verbands eine gute Werbemöglichkeit für Red Bull. | |
23 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
Red Bull | |
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