# taz.de -- Klimaschutz in Asien: Bald nur noch Schmutzfinkchen | |
> China, Südkorea und Australien führen in naher Zukunft den Handel mit | |
> Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten ein. Und mancher träumt schon vom | |
> integrierten CO2-Markt. | |
Bild: Shanghai – wieder mal diesig. | |
BANGKOK taz | Lange Jahre war Europa mit seinem Handelssystem für | |
Treibhausgase allein. Doch nun haben mehrere Länder angekündigt, ebenfalls | |
mit Kohlendioxidverschmutzungrechten handeln zu wollen. Damit steigt der | |
Anteil der Länder mit einem effektiven Instrument zur Emissionssteuerung | |
von 14 auf über 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. | |
Die weltweiten CO2-Emissionen sind auf einem Allzeithoch, und die | |
Internationale Energieagentur IEA warnt mittlerweile vor einer | |
Klimaerwärmung von 6 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Gleichzeitig wird | |
nun bald seit 20 Jahren darüber verhandelt, wie die Klimakatastrophe noch | |
verhindert werden kann. | |
Dabei gerät in Vergessenheit, dass die wenigsten Länder in der Lage sind, | |
ihre CO2-Emissionen effektiv zu steuern. Die Endlagerung von Treibhausgasen | |
in der Atmosphäre ist kostenlos und wird kaum kontrolliert. Einzig die EU | |
ist dank ihres Emissionshandelssystems in der Lage, den Ausstoß von | |
Treibhausgasen zu managen: Den am Handel beteiligten Unternehmen steht nur | |
eine begrenzte Zahl an Verschmutzungsrechten zur Verfügung. Damit sind die | |
EU-Emissionen gedeckelt. Das Problem: Die EU ist für nur rund 14 Prozent | |
der weltweiten Emissionen verantwortlich. | |
## Probe in zwei Provinzen | |
Doch nun haben mehrere Länder angekündigt, ebenfalls mit | |
Emissionszertifikaten handeln zu wollen. Zuerst kam Australien, wo | |
übergangsweise eine CO2-Steuer erhoben wird und im Jahr 2015 der | |
Emissionshandel eingeführt wird. Dann kam Kalifornien. Die „neuntgrößte | |
Volkswirtschaft der Welt“ will nicht länger warten, bis Washington ein | |
landesweites Handelssystem einführt, sondern geht allein voran. Anfang Mai | |
folgte dann Südkorea, die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Hier soll | |
ebenfalls im Jahr 2015 der Handel mit Emissionszertifikaten starten. | |
Am bedeutendsten sind allerdings die Pläne Chinas: Bereits nächstes Jahr | |
soll der Emissionshandel in fünf Städten und zwei Provinzen erprobt werden: | |
Dann müssen Unternehmen in Peking, Shanghai, Chongqing, Shenzen und Tianjin | |
sowie in Guangdong und Hubei Verschmutzungsrechte erwerben. Diese Orte und | |
Provinzen haben zusammen 250 Millionen Einwohner und eine Wirtschaftskraft, | |
die so groß wie die kanadische ist. Nur zwei Jahre nach Beginn der | |
Pilotversuche soll der Emissionshandel auf ganz China ausgedehnt werden. | |
Aber auch in Europa kann der CO2-Handel noch wachsen: Seit Beginn dieses | |
Jahres ist ein weiterer Sektor zur Teilnahme am Emissionshandel | |
verpflichtet: der Luftverkehr. Trotz weltweiter Proteste sind nun alle | |
Fluggesellschaften, die Europa anfliegen, gezwungen, für die Abgase ihrer | |
Flugzeuge CO2-Zertifikate zu kaufen. | |
Der australische Klimaminister Greg Combet träumt bereits von einem | |
integrierten CO2-Markt rund um den Pazifik: mit China, Südkorea, | |
Australien, Neuseeland und Kalifornien als Teilnehmern. Das größte | |
Potenzial hätte aber ein Zusammenschluss des europäischen mit dem | |
chinesischen Handelssystem. „Wenn die Chinesen ein Handelssystem haben, das | |
mit dem europäischen kompatibel ist, dann heißt es Game Over für den Rest | |
der Welt“, sagt Tim Yeo, der Vorsitzende des Energieausschusses im | |
britischen Parlament. „Jeder muss dann ein Handelssystem haben, auch die | |
USA.“ | |
24 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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