| # taz.de -- Renate Künast über die Quote: „Frauen müssen Machtfragen stell… | |
| > Grünen-Politikerin Renate Künast über den Schub, den die Quote bringen | |
| > würde, Widersprüche und Vorurteile, eiskalte Frauen und | |
| > Kaminzimmergespräche. | |
| Bild: Und am Ende gehen die Männer allein ins Kaminzimmer. | |
| taz: Frau Künast, die Piraten behaupten, man sehe an den Grünen, dass die | |
| Quote nichts bringt. Sie ändere an den Strukturen in den Köpfen, an der | |
| Geschlechtergerechtigkeit nichts. | |
| Renate Künast: Zu denken, man brauche keine Quote, nur weil diese nicht | |
| alle Probleme löst, ist zu kurzsichtig. Richtig ist: Die Quote allein | |
| reicht nicht aus, wir brauchen auch noch andere Möglichkeiten, Frauen den | |
| Weg frei zu machen. | |
| Sie selbst haben die Quote auch schon kritisch betrachtet: Als Rot-Grün an | |
| die Regierung kam, schrieben Sie im Spiegel: Die Frauen sitzen im | |
| Quotengefängnis und die Männer machen dahinter weiter, was sie wollen. | |
| Da meinte ich genau das: Nur auf die Quote zu schielen, kann auch einengen. | |
| Die Hälfte aller Stühle zu besetzen reicht nicht – Frauen müssen auch | |
| Machtfragen stellen. Ich hatte, als ich den Text schrieb, gerade bei den | |
| rot-grünen Koalitionsverhandlungen gesehen, wie irgendwann Gerhard | |
| Schröder, Oskar Lafontaine, Jürgen Trittin und Joschka Fischer in einem | |
| kleinen Kaminzimmer verschwanden und die entscheidenden Fragen klärten, | |
| trotz quotierter Verhandlungskommission. | |
| Das heißt, die Quote kann Frauen auch etwas lahm machen, was die Machtfrage | |
| angeht? Man hat eine Funktion und ist zufrieden? | |
| Jedenfalls muss man sich dann nicht wundern, wenn andere im Kaminzimmer | |
| verschwinden. Frauen müssen manchmal noch strategischer werden: Vor der | |
| Verhandlung Ziele definieren und mit anderen reden, sich Mehrheiten | |
| besorgen. | |
| Wie können Frauen sich das aneignen? | |
| Wir haben Mentoring- und Traineeprogramme. Die gehen mittlerweile über | |
| Frauen hinaus, da nehmen auch Männer teil. Wir Frauen treffen uns | |
| regelmäßig und überlegen uns, was wir erreichen wollen und auf welchem Weg | |
| wir das schaffen. | |
| Frauen müssen Macht wollen, schrieben Sie in Ihrem Text. | |
| Ja, und wir stoßen immer noch auf das Problem, dass Frauen, die Macht | |
| ausüben, „eiskalt“ genannt werden. Während Männer, die mit denselben | |
| Methoden ihre Macht sichern, als kompetent gelten. | |
| Was können Frauen dagegen tun, dass sie mit Stereotypen bedacht werden? | |
| Laut und deutlich sagen, was gerade passiert. Die Widersprüche und | |
| Vorurteile offenlegen. | |
| Die Piraten wollen keine Quote, die Frauen auf ihr Geschlecht reduziert. | |
| Sie wollen dagegen anonyme Bewerbungen. Ist das eine schlaue Strategie? | |
| Auch hier gilt: Das ist gut, reicht aber noch nicht. Denn anonyme | |
| Bewerbungen lösen nicht das Problem. Danach kommt das Bewerbungsgespräch | |
| und da können die Vorurteile voll durchschlagen. Eine Quote schafft den | |
| Schub, den wir brauchen, um verkrustete Strukturen zu verändern. Wenn das | |
| flankiert wird durch eine bessere Kinderbetreuung, wäre das ein echter | |
| Durchbruch. | |
| 29 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
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